Meine ersten Eindrücke aus Aserbaidschan 2/2

Die Azeries vergleichen sich mit den Türken ganz gut. Beides sind Turkvölker, die Sprachen sind sich sehr ähnlich und der Islam ist die vorherrschende Religion.
So werde ich, wie auch in der Türkei, oft auf ein Glas Tee von der Straße gewunken. Dann darf ich Rede und Antwort stehen zu meiner ganzen Unternehmung und die Augen werden groß oder es gibt ein ungläubiges Kopfschütteln.
Mache ich in einem kleinen Ort Pause, so dauert es oft nicht lang, bis sich eine kleine Traube von Einheimischen um mich bildet. So bin ich der Blickfang für jedermann und so wird immer freundlich mit einem. „Salam aleikum“ oder einfach nur „Salam“ gegrüßt und erwidert. Da gibt es aber auch Momente, wo mir das echt zuviel wird. Gerade, wenn man Abends müde sein Lager aufschlägt, nur noch was essen will und zehn Mann gucken dir dabei zu.
Auch die Polizei wirft gern mal einen Blick auf mich, besonders wenn ich abends mein Zelt aufgestellt habe. Dann geben sie mir zu verstehen, dass sie die Nacht die Straße hoch und runter Patrouille fahren und ich mir keine Sorgen machen müsse.
Also auch wenn Aserbaidschan als eines der korruptesten Länder der Welt gelten soll, so merkt man als Ausländer selbst nichts davon (Hoffe ich mal bis zum Ende meines Aufenthalts).
Viel Grün bekam ich die ersten Tage zu sehen. Satte Wälder legten sich entlang der Berge. Das änderte sich in der Gegend um Shäki. Da wurde es sichtbar trockener. Nichtsdestotrotz wird viel Landwirtschaft betrieben. Rinder, Ziegen und Schafe werden über die Weiden getrieben. Es gefällt mir gut hier. Das Leben läuft etwas ruhiger. Selbst der Verkehr auf den Straßen ist wesentlich moderater als in Osteuropa oder gar Georgien. Ok, es liegt vielleicht auch daran, dass hier sieben von zehn Autos noch so alte Ladas sind. Die können nicht so schnell. Ist echt unglaublich was hier auf der Straße unterwegs ist. In Georgien hatte ich ja schon große Augen gemacht, wenn man direkt auf den Kühlergrill mancher Wagen schauen konnte aber so viel tragender Rost und wild angeschweißte Teile wie hier… *kopfschüttel*

 

 

Nicht schneller aber einfacher und praktischer

Ich wurde von einigen von euch gefragt, warum ich nun doch nicht über Armenien laufe. Das hat erstmal zwei ganz pragmatische Gründe. So muss ich nicht durch die Berge (Pässe bis 2500m) was zu viel Kraft rauben würde. Des Weiteren liegt der Grenzübergang Astara südöstlicher. Das heißt, dass ich mir Strecke von mindestens einer Woche auf iranischen Boden spare oder so lieber mehr Zeitpuffer habe, wenn ich über Aserbaidschan laufe.
Als letztes folge ich aber auch der Einladung meiner lieben Freundin Mara nach Baku. Danke dafür! Wird sicherlich klasse.

Meine ersten Eindrücke aus Aserbaidschan 1/2

Nun, ich fang am besten mal bei dem georgischen Grenzposten an. Wie überall waren auch die ganz begeistert von meinem Vorhaben. Erst wurde ich gefragt, wo die Registrierung für meinen Wagen sei? Das hatte ich sofort geschnallt und meinte: „Du veralberst mich.“ und wir lachten beide. Alles verlief reibungslos aber mit einem Mix aus Scherz und Ernst sagte er: „So, du willst dann zu Fuß weiter durch Aserbaidschan? Pass auf! Das dort ist nicht mehr Europa. Hinter dieser Brücke ticken die Leute komplett anders. Das sind Muslime.“ Ich nickte ihm zu und wir wünschten uns alles Gute. „Wird schon alles gutgehen.“ versicherte ich ihm.
Knappe einhundert Meter weiter, über die Brücke, kam ich an ein großes Tor mit zwei jungen Soldaten. Der eine ganz still der andere hieß mich auf Englisch mit „Welcome to Azerbaijan.“ willkommen. Lockerer Smalltalk entspannte das ganze zusätzlich aber dann meinte ich: „Ja gut. Wo muss ich denn nun meinen Pass vorlegen? Wo ist der Checkpoint?“ „Da lang.“ und er zeigte auf ein kleines Tor für den Fußgänger-Transit. Ich sagte ihm gleich, dass das nichts wird denn mein Wagen ist erstens zu breit für das Tor und es gibt Stufen. Auf meine Frage, ob ich denn nicht einfach wie überall den Bereich für die Autos nutzen könne kam nur ein „Nein!“ zur Antwort. Wir diskutieren etwas und er verschwand kurz in sein Häuschen ans Telefon. Keine Ahnung, von welchem Ende der Leitung die blöde Idee kam aber dann hieß es, dass wir auf den nächsten kommenden Lkw warten, dort meinen Hänger aufladen und ich im Führerhaus die nächsten hundert Meter zum Checkpost mitfahre. Innerlich hab ich mir schon an den Kopf gegriffen. Ein Lkw kam auch bald und jetzt diskutierte er hitzig mit dem Fahrer, der schon signalisierte, dass das nichts wird.
Währenddessen telefonierte der Stille von den beiden Soldaten nochmal und winkte mich dann durch das große Tor. Warum nicht gleich so? Zehn Minuten sinnlose Diskussion. Aber den jungen Burschen will ich es mal nachsehen. Die wollen nichts falsch machen und bis die mal was zu sagen haben brauchen die noch ein paar Abzeichen auf der Schulter.
Vom Nächsten wurde ich wieder freundlichst mit den Worten „Welcome to Azerbaijan.“ empfangen und weitergeleitet. Zunächst zu Passkontrolle. Alle Seiten des Passes wurden sorgfältig kontrolliert (Da könnte ja ein armenischer Stempel drin sein! Damit wird die Einreise zwar nicht automatisch verweigert aber man muss mit unbequemen Fragen rechnen). Okay, BUMMS Stempel reingedrückt. Wieder „Welcome to Azerbaijan.“ Dann den Deklarationsschein ausfüllen und danach durfte ich meinen gesamten Wagen ausräumen. Ohhhh man. Bücher wurden kontrolliert (könnte ja was von oder über Armenien sein), an meinen Gewürzen wurde geschnuppert, das Gorilla-Stativ für die Kamera musste ich ihnen erklären und etc. Ich wurde sogar gefragt, ob ich eine Drohne dabei habe? Ich wollte schon scherzen und sagen, dass ich mir nichts aus Bienenzucht mache.
Mittlerweile standen schon so zehn Soldaten um mich herum und gafften. Mit Sicherheit bin ich das Highlight des Jahres für die Jungs. Der Typ mit dem größten Hut und den meisten Pickeln auf den Schultern hielt mir noch meinen Wagen waagerecht, damit ich schneller diesen beladen konnte und gab mir zum Schluss noch einen halben Manat als Begrüßungsgeld.
Auch wenn die gesamte Prozedur auf der aserbaidschanischen Seite etwas Nerven gekostet hat, so muss ich jedoch sagen, dass alle sehr höflich und zuvorkommend waren. Kein strenger oder gar böser Blick. Das hat mich sehr gefreut und überrascht und was das betrifft, hatte deren georgischer Kollege wohl keine Ahnung.

 

Letzte Bilder aus Georgien

Auf georgischer Seite bin ich von Bauarbeitern in den Kleinbus zu Brot, Käse und Salat eingeladen lassen. Natürlich geht da nichts ohne Wein und Chacha. Verpflegt wird sich in kleinen Läden oder auch in Bäckerstuben. Wenn’s passt, wird noch an der ein oder anderen Burg, Kirche oder Ruine Halt gemacht.

 

Es wird Zeit TSCHÜÜÜS zu sagen.

Die Zeit ist gekommen. Heute habe ich Tiflis verlassen und weiter meinen Weg in Richtung Osten fortgesetzt.
Sehr oft wurde ich gefragt, ob ich den Tiflis mag oder es vermissen werde? Nun, meine Antwort fällt da immer etwas düster aus. So richtig konnte ich mich für diese Stadt auch in vier Monaten nicht erwärmen. Sicherlich gibt es hier auch schöne Ecken mit Grünanlagen, historischen Gemäuern und einer gewissen Stille zum Entspannen aber irgendetwas hat mir immer gefehlt oder war mir zu viel. Meine Abneigung gegenüber Großstädten kennt ja nun mittlerweile jeder von euch aber das ist es nicht allein. Ich weiß nicht. Es hat einfach nicht gefunkt.
Den einzigen Wehmut verspüre ich bei dem Gedanken, lieben Freunden Adieu sagen zu müssen. Mit meinen WG-Mitbewohnern Nilly, Amelie, und Lucia war es eine harmonische Zeit. Hier und da mal zusammen gekocht oder ausgegangen. Das war schon viel wert. So richtig vermissen werde ich aber Julia. Sie hatte ich bei einer Hofparty kennengelernt und zusammen haben wir die Monate über die Stadt unsicher gemacht. Essen gehen, Karaoke, Rugby-Spiele besuchen, Wein schlürfen, Filmabend etc. Sogar den Heiligabend hatten wir zusammengehangen. Legendär! Erst hatten wir die schlechteste Bar mit dem schlechtesten Wein, dem schlechtesten Eis und dem schlechtesten Käsekuchen erwischt. Dann fuhr ab 23 Uhr die Seilbahn nicht mehr ins Tal hinab doch zumindest der Vollmond leuchtete uns den Weg zurück perfekt aus. Ziemlich enttäuscht hatten wir die Idee, uns einfach am Kiosk ein Bier zu kaufen und sich auf eine Parkbank zu setzen. Die beste Idee der Nacht. Das Bier war wirklich das schmackhafteste in dieser Nacht, denn der Glühwein danach in einer weiteren Bar war ungenießbar sauer. War trotzdem ein spaßiger (Heilig-)Abend gewesen, der dann früh um 5 Uhr endete. Es war eine richtig gute Zeit mit dir, Julia und dafür danke ich dir so sehr!
Auch einen großen Dank an den meine liebste Mara, Nana und Gia, Keti, Jasmin, Tamuna, Salome, Keti, Keti, Keti, Khatia und ganz besonders Keti-Maus! Nicht zu vergessen die Mitarbeiter des APNSC und die Schützlinge. Es war schön euch kennenlernen zu durften und viele schöne Momente mit euch zu teilen. Auch an dich Davit und deine Freunde noch ein großes Danke dass du /ihr mir die Tür zur georgischen Seele etwas geöffnet hast/habt.

Auch wenn Wehmut sich untermischt, so überwiegt jetzt Freude und Erleichterung meinen Weg fortsetzen zu können. Habt vielen Dank ihr Lieben! Ihr bleibt mir gut im Herzen!

Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.      …     Hermann Hesse

Die Welt ruft. Ab jetzt heißt es wieder LÄUFT! Wünscht mir Glück!
TSCHÜÜÜS