Auf der Schwäbischen Alb

Die letzten Tage verliefen recht entspannt. Ich konnte einen kurzen Blick auf das Westufer des Bodensees werfen und es dauerte nicht lange, da stand ich bei Binzwangen schon an der Donau und ich folgte dem Flusslauf bis nach Ehingen. Hier ist die Donau noch jung und schmal. Kein Vergleich zu dem großen Strom, der sie in Ungarn oder in Rumänien ist.

In Blaubeuren war ich auf Besuch bei sehr guten Bekannten – ja, ich möchte Familie sagen – Catrin und Rudolf. Catrin ist die Tante meines Freundes Philipp und somit die Großtante meiner Patentochter Magdalena. Wir hatten uns lang nicht mehr gesehen und so war der Empfang um so herzlicher. Zu Kaffee und Kuchen wie auch zum Abendessen konnte ich wieder einmal über meine Erlebnisse aus aller Herren Länder berichten. Und natürlich hatte ich wieder ein Bett.

Beide sind nun die mir ersten vertrauten Gesichter auf meinem Weg zurück in die Heimat. Ein gutes Gefühl.

Habt vielen lieben Dank! Ihr beide seid wundervoll.

Ach ja… In Blaubeuren ist ein Besuch am legendären Blautopf ein Muss. Der Blautopf ist eine Quelle, deren Wasser durch ein weit verzweigtes Höhlensystem an die Oberfläche steigt und mit diesem tiefblauen Wasser lockt.

Gestern Abend in Bartholomä, sah mich eine Frau aus ihrem Fenster. Sie kam aus ihrem Haus gelaufen und rief mir hinterher. Als ich mich umdrehte war ihr erste Frage: „Stimmt das, was da auf dem Wagen steht?“ Sie meinte meinen Kilometerstand. Sie lud mich zugleich in ihren Hinterhof auf ein Getränk ein. Und weil das noch nicht genug war, hatte sie auch gleich ein Gästezimmer für mich. Ruth lud mich dann zusammen mit ihrer Frau Anja noch zum Abendessen ein.

Beide waren begeistert von meiner Reise. Man liest und hört von Weltenbummlern aber nun hatten sie einen in ihrem Esszimmer sitzen. Mir haben sie eine große Freude gemacht aber ich merke auch immer wieder, dass sich die Menschen irgendwie bereichert fühlen, wenn sie auf mich treffen.

Auch euch, Ruth und Anja danke ich sehr!

Grenzhopping

Noch einmal musste ich durch die Schweiz. Um genauer zu sein waren es gestern in Summe sechs Grenzübertritte. Zurück in die Schweiz, dann wieder nach Deutschland, wieder in die Schweiz und so weiter.

Der Grenzverlauf schlängelt sich wild dahin. Dazu kommt auch, dass ich durch Büsingen gewandert bin, einer deutschen Exklave. Keine Grenzkontrollen und oft lässt einen nur ein Grenzstein oder Grenzpfahl wissen, wo man sich gerade befindet. Bei Schaffhausen bot sich noch ein Stopp bei den Rheinfällen an.

Nachdem ich die letzte Nacht auf einer Wiese in Singen (Hohentwiel) verbracht habe, hielt heute in Aach-Linz zum Feierabend ein Wagen neben mir. Die Fahrerin hatte mich ein paar Minuten zuvor an der Straße gesehen und kam dann hinterhergefahren. Mit großem Interesse an meiner Geschichte erklärte ich alles, was man eben so innerhalb von zwei Minuten erklären kann. Sie wirkte so aufgeschlossen, dass ich gleich nach einem Platz für mein Zelt fragte und das ging für sie voll in Ordnung. Dann stellten wir uns vor. Patricia ist ihr Name. Dann gab sie mir die Adresse und den Namen ihres Mannes und so lief ich nochmal fünf Minuten zurück.

Manfred kam dann in seinem Imkeranzug auf mich zu und führte mich hinter das Haus auf die Wiese. Perfekt für diese Nacht und den Wasserschlauch als Dusche hat er auch für mich angeschlossen. So saßen wir bis eben noch gemütlich im Garten und haben erzählt. Patricia brachte mir noch eine Suppe mit Maultaschen zum Abendessen. 😋 Manfred hat auch schon ein schönes Stück von der Welt gesehen, war auch viel mit dem Rucksack unterwegs. Das macht ihn gleich noch symphatischer.

Habt vielen lieben Dank ihr beiden für diese wunderbare Begegnung. Ihr seid für heute meine Helden.

Zurück in Deutschland

Und da stehe ich nun wieder auf deutschem Boden.

Auf der schweizer Seite des Rheins liegt die kleine Stadt Kaiserstuhl. An einer Ampel lief ich auf ein Radfahrerpärchen zu und natürlich kamen wir kurz ins Gespräch, bevor es weiter den Berg hinunter zur Brücke ging.

Und da stand ich nun vor dieser Brücke mit der deutschen Flagge auf der anderen Uferseite. Mal wieder hatte ich Tränen in den Augen. Jetzt wurde es richtig emotional. Ein junger Kerl, Fabrizio, kam auf mich zu und hatte Fragen zu mir und meiner Reise. Ich hatte kein vernünftiges Wort rausgebracht, fing an zu schluchzen und mit zittriger, aufgelöster Stimme brach es aus mir heraus: „10 Jahre!“

Ich entschuldigte mich, dass ich gerade nicht in der Lage war mehr zu erzählen und verwies ihn auf meinen Blog. Er schien Verständnis zu haben und ging weiter.

Es brauchte noch einen Moment Überwindung, bis ich über die Brücke ging.

10 Jahre um hier an dieser Stelle anzukommen. 10 Jahre mit Ups und Downs. 10 verrückte Jahre mit voller Erfüllung und Leidenschaft. Jetzt über diese Brücke zu gehen hatte so etwas entgültiges, finales. Ich fühle Erleichterung und dennoch tut es weh.

Deutschland aber wollte mir gleich zeigen, dass es mich willkommen heißt. Ich war echt noch keine zwei Minuten über den Rhein, da hielt ein Radfahrer neben mir. Ich war noch so neben mir, dass es einen Moment brauchte, bis ich realisierte, dass es der Radler von der Ampel zuvor war.

Er wolle mich einladen und ich dachte mir: „Super! Ein Bierchen und Snack geht immer“. Aber er führte mich im Ort Hohentengen am Hochrhein zu seinem Haus, bat mich hinein, zeigte mir mein Zimmer und das Bad. Ich stand immer noch etwas neben mir. Es ging so an meinen Erwartungen vorbei. Ich hab mich so gefreut.

Zusammen mit seiner Frau stellten wir uns dann vor. Sie heißt Andrea und er Georg. Nach einer heißen Dusche hieß es kurz auf der Veranda mit einem Glas Weißwein entspannen. Beide führen ein Weingut hier direkt am Rhein gelegen. Darauf luden sie mich dann auch noch zum Essen im Restaurant ein. Gebratenes Rinderfilet und Süßkartoffeln, das war es, was ich brauchte. Und weil alles noch auf dem heißen Stein brutzelte, haben wir diese schönen Kleckerlätze bekommen. Georg wollte mir noch mehr Gutes tun. Nach dem Restaurantbesuch nahm er mich mit auf das Weingut zur Verkostung. Ich glaube es waren so um die zehn verschiedenen Weine. Für den Tag hatte mir das echt den Rest gegeben. Ich war leicht verzaubert.

Irgendwie war es, als hätte man meine Ankunft erwartet. Als hätte man sich gefreut, dass ich nun offiziell wieder zurück bin. Hohentengen hat mich mit Andrea und Georg in den Arm genommen. DANKE

54 Kilometer

Das war heute ein langer Tag und ich habe mit 54 Kilometern meinen bisherigen Rekord aus dem Iran um zwei Kilometer übertroffen. Dazu fühle ich mich noch erstaunlich fit. Aber mal schauen, was meine Beine nach der Nacht sagen. Ich habe vorsichtshalber schon eine Magnesium Tablette genommen.

Fliegermuseum Oberaargau

Den ganzen Tag lang konnte ich meist einen schönen Rad- und Wanderweg entlang laufen. Als ich dann doch mal wieder auf der Hauptstraße landete und mir der Verkehr zu viel wurde, suchte ich wieder den Radweg auf. Irgendwo da hinten bei dem Flugplatz müsste er sein. Und irgendwie stand ich da plötzlich auf dem Vorfeld und war etwas orientierungslos nach dem Radweg suchend. Sogleich kamen ein paar Männer auf mich zu und fragten, wie weit ich schon gelaufen sei? Meine Antwort überraschte. Einer von ihnen stellte sich als Peter Daetwyler vor und er bot mir eine kleine Führung durch das Fliegermuseum hier in Oberaargau an. Eine wunderschöne Sammlung ist das und ein Großteil der Flugzeuge ist wirklich flugtauglich.

Peter selbst hatte lange Zeit in den USA gelebt, ist selbst begeisterter Sportpilot und sein Vater gehört wohl auch zu den schweizer Flugpionieren. Er hat mir viel über die eigene Familiengeschichte und die Geschichte des Flugplatzes erzählt, dass hier der einzige schweizer Astronaut Claude Nicollier seine ersten Flugerfahrungen sammelte oder dass Chesley Sullenberger „Sully“, der 2009 ein Verkehrsflugzeug auf dem Hudson River in New York notwasserte und dies sogar Hollywood verfilmte, hier zu Besuch war, da er schweizer Wurzeln hat. Das ist hier alles gut dokumentiert. Spannend, was so ein kleiner Flugplatz für Geschichten bietet. Und ich stolper einfach mal so rein. Das Fliegermuseum ist auf jeden Fall einen Stopp wert, wenn man schon mal in der Nähe ist. Bitte die Voranmeldung nicht vergessen.

Peter selbst hat einen Betrieb, der sich auf Maschinen und Druckverfahren für die Verpackungsindustrie spezialisiert hat. Früher hatte er sogar Teile für die Mirage (Kampfjet) gefertigt. Das Museum sei einfach sein Hobby.

Am Ende der Tour fragte er mich, wo ich die Nacht verbringen werde. Ich antworte, dass ich für gewöhnlich nicht weiß, wo und wie mein Tag endet. Er bot mir eines der Zimmer im Geschäftsgebäude an. Hier schlafen sonst Mitarbeiter, die von anderen Standorten kommen. Waschmaschine und Trockner gibt es auch. Ich habe einen Blick auf die Piste. Es ist besser als jedes Flughafenhotel. Später kam Peter noch einmal mit einem Beutel Frühstückssachen vorbei.

Peter… Ich kann mich nur recht herzlich für diesen großartigen Nachmittag und die Unterkunft bedanken. Du hast mir ein großes Glück b

eschert.

Bern + Uli und Irene

Weiter ging es nun über Bern, der schweizer Hauptstadt. Da Bern sehr überschaubar ist, bot sich der Weg direkt durch die Stadt an. Ganz hübsch war’s. Viel mehr kann ich dazu auch nicht sagen.

Richtig toll hingegen war mein Abend. Es war Zeit einen Platz für die Nacht zu suchen. Vor dem Ort Krauchthal sah ich einen Mann in seinem Garten arbeiten und ich stellte mich ihm vor. Dann fragte ich, ob ich mich auf dem kleinen gemähten Grünstreifen niederlassen könne? Er überlegte kurz hin und her und willigte ein. So wie ich die Ecke herum kam, bot er mir einen Platz direkt neben dem Haus an. Er stellte sich als Uli vor und seine Frau Irene kam auch gleich dazu.

Nachdem ich ein paar Worte zu meiner Reise verlor war Irene gleich etwas federführend und bot mir einen Kaffee an. Erst aber wollte ich aber mein Zelt aufstellen. Aus dem Kaffee wurde gleich ein gemeinsames Abendessen im Haus und beide waren begierig auf meine Reiseerfahrungen und auch sie gaben mir einen kleinen Einblick in ihr Leben. Und auch aus dem Tee heute Morgen wurde gleich ein kleines Frühstück.

Es ist wieder dieses große Glück, auf zwei Seelen zu treffen, die es so gut mit mir meinen. Habt vielen lieben Dank, Uli und Irene! 🤗

Der Klang der Glocken

Mein Weg führt weiter über die Dörfer. Es ist eine Szenerie wie aus dem Bilderbuch. Die Kühe weiden und wie so oft kommen sie vor lauter Neugier an den Zaun gerannt um mich und meinen Karren zu begutachten. Die Hunde bellen, wenn sie mich sehen und die Katzen schleichen über die Wiesen und stellen den Mäusen nach. Es hat so etwas friedliches, mit dem Klang der Kuhglocken einzuschlafen und morgens damit wieder aufzuwachen.

Nun bin ich auch in der deutschsprachigen Schweiz angekommen. Habe ich mich die letzten Tage noch mit meinen rudimentären Französischkenntnissen abgemüht, kann ich jetzt mit einem „Guten Morgen.“ oder „Guten Abend.“ grüßen und frei drauf los reden. Kein „Bonjour.“ mehr, sonder ein kleines „Hallo.“ ruft es aus den Mündern. Der Übergang war über ein paar Ortschaften fließend. In Courtepin gab es dann erstmals eine „Hauptstraße“ oder einen „Schulweg“. Und wieder sagt mir etwas, dass ich mein Ziel bald erreicht haben werde.

Genf

Ach wie schön… Ich konnte ein paar Tage ausspannen und wieder etwas Kraft tanken. Ganz in der Nähe von Genf, auf französischer Seite, wohnen Brigitte und Alex, die Eltern meines ehemaligen Rugby-Teamkollegen Daniel. Da Genf quasi auf dem Weg liegt, hatte er mir angeboten, einfach seine Eltern zu fragen, ob sie mich beherbergen würden und für beide schien das eine Selbstverständlichkeit zu sein.

So legte ich am 1. Mai 33 Kilometer zu ihrem Haus zurück. Dabei lag das Jura zu meiner linken und die Alpen zu meiner rechten Seite. Am Nachmittag schaute ich überlegend auf die Alpen: „Diese Pyramide kenn ich doch?!“ Es war das Matterhorn, welches heraus stach und gleich daneben erhob sich der Mont Blanc mit seinen 4805 Metern. Ein wundervoller Anblick.

Bei Brigitte und Alex angekommen, machte mir niemand die Tür auf – falsche Hausnummer. 😅 Als ich dann aber vor dem richtigen Haus stand, war der Empfang sehr sehr herzlich. Mit Brigitte habe ich auch viele tolle Gespräche über Gott und die Welt, ihrer Zeit in Namibia, Südafrika und nun eben Europa und das Familienleben. Und wenn sie im Haushalt mal schnell jemanden zum Anpacken braucht, dann bin ich zur Stelle.

Alex ist gesundheitlich angeschlagen und zieht sich meist zurück. Er hat es sich aber nicht nehmen lassen, mit mir ins Besucherzentrum von CERN zu fahren. CERN ist das europäischen Kernforschungszentrum und hier wird Grundlagenforschung vom feinsten mithilfe des des größten Teilchenbeschleunigers der Welt, dem LHC (Large Hadron Collider) betrieben. Der Ringtunnel mit 26,7 Kilometern (16.6 Miles) und die riesigen Detektoren machen es zur größten und wohl auch komplexesten Maschine der Welt. Das Besucherzentrum lockt mit kleinen Experimenten und Installationen und gibt dabei Einblick in die Forschungsarbeit über die kleinsten Elementarteilchen, die das gesamte Universum zusammenhalten.

Genf ist sehr international aufgestellt. Das liegt zum einem am CERN, an dem täglich über 10.000 Wissenschaftler und Ingenieure aus aller Welt arbeiten, zum anderen hat hier das Internationale Rote Kreuz seinen Hauptsitz und auch die Vereinten Nationen (UN) mit ihren zahlreichen Unterorganisationen wie UNHCR, WTO oder WHO, für welche Alex tätig ist, sind vertreten.

Dazu ist die Stadt selbst recht übersichtlich und mit ihrer Lage am Alpenrand und Genfersee bot sich ein kleiner Bummel regelrecht an. Also setzte mich Brigitte in der Stadt ab.

Man merkt schnell, dass Genf in Summe wohlhabend ist und hier viel Geld fließt. Auch mein Geld floss, als ich für einen Crepe und Cappuccino umgerechnet 26 Euro zahlte. Man gönnt sich ja sonst nichts. Es war aber ein wirklich gelungener Nachmittag.