Meine ersten Eindrücke aus Aserbaidschan 1/2

Nun, ich fang am besten mal bei dem georgischen Grenzposten an. Wie überall waren auch die ganz begeistert von meinem Vorhaben. Erst wurde ich gefragt, wo die Registrierung für meinen Wagen sei? Das hatte ich sofort geschnallt und meinte: „Du veralberst mich.“ und wir lachten beide. Alles verlief reibungslos aber mit einem Mix aus Scherz und Ernst sagte er: „So, du willst dann zu Fuß weiter durch Aserbaidschan? Pass auf! Das dort ist nicht mehr Europa. Hinter dieser Brücke ticken die Leute komplett anders. Das sind Muslime.“ Ich nickte ihm zu und wir wünschten uns alles Gute. „Wird schon alles gutgehen.“ versicherte ich ihm.
Knappe einhundert Meter weiter, über die Brücke, kam ich an ein großes Tor mit zwei jungen Soldaten. Der eine ganz still der andere hieß mich auf Englisch mit „Welcome to Azerbaijan.“ willkommen. Lockerer Smalltalk entspannte das ganze zusätzlich aber dann meinte ich: „Ja gut. Wo muss ich denn nun meinen Pass vorlegen? Wo ist der Checkpoint?“ „Da lang.“ und er zeigte auf ein kleines Tor für den Fußgänger-Transit. Ich sagte ihm gleich, dass das nichts wird denn mein Wagen ist erstens zu breit für das Tor und es gibt Stufen. Auf meine Frage, ob ich denn nicht einfach wie überall den Bereich für die Autos nutzen könne kam nur ein „Nein!“ zur Antwort. Wir diskutieren etwas und er verschwand kurz in sein Häuschen ans Telefon. Keine Ahnung, von welchem Ende der Leitung die blöde Idee kam aber dann hieß es, dass wir auf den nächsten kommenden Lkw warten, dort meinen Hänger aufladen und ich im Führerhaus die nächsten hundert Meter zum Checkpost mitfahre. Innerlich hab ich mir schon an den Kopf gegriffen. Ein Lkw kam auch bald und jetzt diskutierte er hitzig mit dem Fahrer, der schon signalisierte, dass das nichts wird.
Währenddessen telefonierte der Stille von den beiden Soldaten nochmal und winkte mich dann durch das große Tor. Warum nicht gleich so? Zehn Minuten sinnlose Diskussion. Aber den jungen Burschen will ich es mal nachsehen. Die wollen nichts falsch machen und bis die mal was zu sagen haben brauchen die noch ein paar Abzeichen auf der Schulter.
Vom Nächsten wurde ich wieder freundlichst mit den Worten „Welcome to Azerbaijan.“ empfangen und weitergeleitet. Zunächst zu Passkontrolle. Alle Seiten des Passes wurden sorgfältig kontrolliert (Da könnte ja ein armenischer Stempel drin sein! Damit wird die Einreise zwar nicht automatisch verweigert aber man muss mit unbequemen Fragen rechnen). Okay, BUMMS Stempel reingedrückt. Wieder „Welcome to Azerbaijan.“ Dann den Deklarationsschein ausfüllen und danach durfte ich meinen gesamten Wagen ausräumen. Ohhhh man. Bücher wurden kontrolliert (könnte ja was von oder über Armenien sein), an meinen Gewürzen wurde geschnuppert, das Gorilla-Stativ für die Kamera musste ich ihnen erklären und etc. Ich wurde sogar gefragt, ob ich eine Drohne dabei habe? Ich wollte schon scherzen und sagen, dass ich mir nichts aus Bienenzucht mache.
Mittlerweile standen schon so zehn Soldaten um mich herum und gafften. Mit Sicherheit bin ich das Highlight des Jahres für die Jungs. Der Typ mit dem größten Hut und den meisten Pickeln auf den Schultern hielt mir noch meinen Wagen waagerecht, damit ich schneller diesen beladen konnte und gab mir zum Schluss noch einen halben Manat als Begrüßungsgeld.
Auch wenn die gesamte Prozedur auf der aserbaidschanischen Seite etwas Nerven gekostet hat, so muss ich jedoch sagen, dass alle sehr höflich und zuvorkommend waren. Kein strenger oder gar böser Blick. Das hat mich sehr gefreut und überrascht und was das betrifft, hatte deren georgischer Kollege wohl keine Ahnung.

 

Nicht schneller aber einfacher und praktischer

Ich wurde von einigen von euch gefragt, warum ich nun doch nicht über Armenien laufe. Das hat erstmal zwei ganz pragmatische Gründe. So muss ich nicht durch die Berge (Pässe bis 2500m) was zu viel Kraft rauben würde. Des Weiteren liegt der Grenzübergang Astara südöstlicher. Das heißt, dass ich mir Strecke von mindestens einer Woche auf iranischen Boden spare oder so lieber mehr Zeitpuffer habe, wenn ich über Aserbaidschan laufe.
Als letztes folge ich aber auch der Einladung meiner lieben Freundin Mara nach Baku. Danke dafür! Wird sicherlich klasse.

Meine ersten Eindrücke aus Aserbaidschan 2/2

Die Azeries vergleichen sich mit den Türken ganz gut. Beides sind Turkvölker, die Sprachen sind sich sehr ähnlich und der Islam ist die vorherrschende Religion.
So werde ich, wie auch in der Türkei, oft auf ein Glas Tee von der Straße gewunken. Dann darf ich Rede und Antwort stehen zu meiner ganzen Unternehmung und die Augen werden groß oder es gibt ein ungläubiges Kopfschütteln.
Mache ich in einem kleinen Ort Pause, so dauert es oft nicht lang, bis sich eine kleine Traube von Einheimischen um mich bildet. So bin ich der Blickfang für jedermann und so wird immer freundlich mit einem. „Salam aleikum“ oder einfach nur „Salam“ gegrüßt und erwidert. Da gibt es aber auch Momente, wo mir das echt zuviel wird. Gerade, wenn man Abends müde sein Lager aufschlägt, nur noch was essen will und zehn Mann gucken dir dabei zu.
Auch die Polizei wirft gern mal einen Blick auf mich, besonders wenn ich abends mein Zelt aufgestellt habe. Dann geben sie mir zu verstehen, dass sie die Nacht die Straße hoch und runter Patrouille fahren und ich mir keine Sorgen machen müsse.
Also auch wenn Aserbaidschan als eines der korruptesten Länder der Welt gelten soll, so merkt man als Ausländer selbst nichts davon (Hoffe ich mal bis zum Ende meines Aufenthalts).
Viel Grün bekam ich die ersten Tage zu sehen. Satte Wälder legten sich entlang der Berge. Das änderte sich in der Gegend um Shäki. Da wurde es sichtbar trockener. Nichtsdestotrotz wird viel Landwirtschaft betrieben. Rinder, Ziegen und Schafe werden über die Weiden getrieben. Es gefällt mir gut hier. Das Leben läuft etwas ruhiger. Selbst der Verkehr auf den Straßen ist wesentlich moderater als in Osteuropa oder gar Georgien. Ok, es liegt vielleicht auch daran, dass hier sieben von zehn Autos noch so alte Ladas sind. Die können nicht so schnell. Ist echt unglaublich was hier auf der Straße unterwegs ist. In Georgien hatte ich ja schon große Augen gemacht, wenn man direkt auf den Kühlergrill mancher Wagen schauen konnte aber so viel tragender Rost und wild angeschweißte Teile wie hier… *kopfschüttel*

 

 

Baku

So… Ich stecke noch in Baku und am Freitag werde ich weiterziehen. Da möchte ich euch natürlich noch etwas über meinen Aufenthalt berichten.

Was mir als erstes aufgefallen ist, ist, dass Baku sehr sauber ist. Da liegt kein Müll auf den Straßen und generell ist die Stadt sehr rausgeputzt. Da wird viel von den Petro-Dollars investiert, sei es die Baku Crystal Hall die für den ESC 2012 erbaut wurde oder die Flame Towers, die das Stadtbild prägen. Auch die Altstadt wurde ordentlich aufpoliert und ist einen Besuch wert. Gerade wird auch alles für den bevorstehenden Formel 1 – Grand Prix vorbereitet (Stadtkurs, Frische Asphaltdecke, Tribünen, Boxengasse, Großer Preis von Europa obwohl es Vorderasien ist).
Aber jede Medaille hat zwei Seiten. Vieles ist nur Fassade und man sollte nicht in die Hinterhöfe schauen. Ganze Stadtviertel werden für einen Park mit großer Aliyev-Statue abgerissen ohne dass deren Bewohner auch nur gefragt werden. Na ja, mit Demokratie und Rechtsstaatlichkeit hat man es eben hier nicht so und von dem, was das Land reich macht, nämlich Öl und Gas, kommt bei der Bevölkerung nur wenig an. Diese arrangiert sich aber mit den Gegebenheiten denn Aufmucken ist nicht. Ich habe das Gefühl, dass die der überwiegende Teil der Leute hier streng auf Linie bleibt. Ein Abweichen von den politischen und gesellschaftlichen Normen ist schwierig denn wo sollen sie auch hin? Es gibt kaum Alternativen und es fehlt das rebellische, weil alles von oben kontrolliert wird. Man kann es gut oder schlecht finden, dass keine Graffiti an die Wände geschmiert sind, dass keine schrillen Punks durch die Straßen laufen oder wilde Rockmusik in die Nacht schallt aber so verliert die Stadt für mich vollkommen an Flair. Da fehlt mir das Multi-Kulti und das macht Baku für mich etwas langweilig. Viel Glitzer-Glitzer um nichts.

 

 

Meine Gastgeberin ist Mara, welche ich euch schon in Beiträgen aus Tiflis und Kappadokien vorgestellt habe. Sie hat hier in Baku eine kleine, hübsche Wohnung die sehr zentral gelegen ist. Das macht das Erkunden der Stadt einfach. Letzte Woche Donnerstag kamen noch unsere beiden Freunde Julia und Tamuna aus Tiflis für ein paar Tage zu Besuch. Da hieß es etwas durch die Stadt bummeln und ein Tagesausflug nach Gobustan unternehmen.
Gobustan liegt etwa 50 Kilometer südlich von Baku und ist für zwei Dinge im Land bekannt. Da sind die Petroglyphen, also Felszeichnungen aus der Steinzeit und die Schlammvulkane. Die Schlammvulkane sind kalt und der Schlamm soll heilende Wirkung haben. Na ich weiß nicht. Mit dem Schlamm steigt auch Erdöl auf. An manchen Stellen schwamm das Öl auch in kleinen Tümpeln aber das ist nicht vom Menschen verursacht. Das tritt einfach hier und da an die Erdoberfläche. Jedenfalls waren die Mädels und ich von jedem Blubb der Vulkane voll begeistert. Wir hatten sichtlich Spaß und zu guter Letzt endete unser Ausflug bei den berennenden Felsen Yarna Dag, ein Stück nördlich von Baku. Das ist eine Stelle, an der Erdgas aus einem Felsgrad austritt. Heiße Sache!

 

 

 

Das System funktioniert!

Was passiert, wenn man sich in Aserbaidschan als Armenier ausgibt?

Immer wieder werde ich von dem Azeries gefragt, wo ich herkomme. Antworte ich mit Almanya kann es schon mal vorkommen, dass so ein Opi Armenia versteht und Armenien ist halt Staatsfeind. Besser gesagt, man hasst hier die Armenier wie die Pest.
Dennoch kam mir die Idee, mich einfach mal als Armenier auszugeben und zu gucken was passiert. Heute habe ich mich dann auch getraut. Den Vormittag lang wurde ich hier und da wieder nach meiner Herkunft gefragt und dem ein oder anderen sagte ich eben „Armenia“. „Was, Amerika?“ Die hören halt nur mit einem Ohr hin und so bekräftigte ich nochmal “ No, Armenia!“.
Nun, ich wurde nicht angefeindet, es flogen keine Steine nach mir. Ich schüttelte sogar ein paar Hände und war echt erstaunt, wie friedlich alle blieben.
Na ja. Einer hat dann doch gepetzt. Kurz nach 12 Uhr setzte sich ein ziviler Waagen vor mich und stoppte mich. Zwei Herren stiegen aus, die nicht die gewöhnliche Polizeiuniform trugen. Ernste Gesichter fragten mich, ob ich russisch spreche was ich verneinte. „Dokument!“ Sagte der mit dem Stern auf der Schulter. Er prüfte zwei Minuten mein Visum. „Almanya?“ „Ja, Almanya.“ Antwortete ich ihm. Ich bekam meinen Pass wieder und die beiden sind abgezischt.
Also nix passiert. Man merkt halt nur, dass man hier sofort aufgegriffen wird, sobald was faul scheint. Innerlich hab ich mich schon etwas amüsiert. An sich sind die Polizisten sehr freundlich zu mir. Die luden mich auch mal zum Tee ein, man hält Smalltalk, sogar auf ihrem Grün ihrer Polizeiwache haben sie mich anstandslos zelten lassen und sogar was zum essen gebracht. Nur die beiden Herren heute waren nicht sehr gesprächig.  Why so serious?

Richtung Astara

Hier noch ein paar Impressionen von Baku nach Astara.
Morgen ist es auch schon soweit. Ich werde Astara erreichen und somit die Grenze zum Iran. Das Iranische Hochland habe ich schon seit ein paar Tagen westlich von mir im Blick. Hier im Süden des Landes ist alles wieder viel grüner mit Teeplantagen und jeder Menge Erdbeerfeldern. Zuvor musste ich durch Halbwüste wandern. Da hatte ich auch unliebsame Begegnungen mit der Tierwelt. Als ich mich zum Beispiel zum Frühstück an das Ufer des Kaspischen Meeres setzen wollte, wäre ich doch fast auf eine Schlange getreten. Die sprang genauso erschreckt auf wie ich und zischte laut. So sind wir dann aber beide unserer Wege gegangen. Am Abend hatte ich dann noch Besuch im Zelt von einer Walzenspinne. So ca. 6 cm lang. Man da muss ich jetzt immer gucken, dass ich die Tür hinter mir zumache.
Für heute Abend wurde ich von einem jungen Mann mit dem typisch aserbaidschanischen Namen Tillmann nach Hause eingeladen. Mutti hat gekocht und mit Tilli und Papa wurde viel Tee geschlürft. Das Beste aber war definitiv die heiße Dusche und meine Klamotten konnte ich auch waschen. Sonst dusche ich mich ja immer aus der Wasserflasche. Das funzt super nur eben das Wäschewaschen ist schwierig.