Die erste Woche auf Kanadas Straßen ist geschafft und ich bin voll fertig. Der Frühling lässt sich dieses Jahr viel Zeit und somit ist das Wetter sehr durchwachsen und vor allem kalt. Mein erster Tag startete und endete mit viel Regen. Aber mit dem Wetter will ich euch nicht langweilen. Wichtiger ist doch das, was mir auf dem Weg so widerfahren ist.
Als ich am zweiten Abend auf Schlafplatzsuche war und den kleinen Ort Dewdney erreichte, winkte ich einer Frau zu und fragte, ob ich mein Zelt im Garten aufstellen dürfe. Ihr Ehemann kam hinzu und ich erzählte ihnen von meinem Vorhaben. Shirley und Del Sichtlich ließen mich sichtlich begeistert gewähren und eine Dusche wurde mir auch angeboten. Nachdem ich aus dem Bad kam wurde mir vorgeschlagen, mein Zelt doch wieder zusammen zu packen. Mir werde ein Bett im Erdgeschoss fertig gemacht. Oh jaaa… Das war gleich wieder so überwältigend und ich war tausend Mal dankbar.
Zusammen aßen wir zu Abend und so wie sie an meinen Geschichten interessiert waren, war ich es ebenfalls an Ihrer und des Landes. Kanada ist noch ein sehr junges Land und die beiden gehören erst der zweiten Generation an. Del erzählte mir die Geschichten seiner Mutter und des Vaters, wie sie als kleine Kinder 1905 bzw. 1017 nach Kanada kamen und wie widrig die Umstände waren. Von der Ostküste gab es wohl eine Bahnverbindung bis nach Winnipeg. Von dort aus konnte das Land gen Westen dann nur noch mit dem Pferde- oder Ochsenkarren erschlossen werden. Es müssen Torturen gewesen sein und ich fragte mich, was die Leute dazu bewogen hat, Europa zu verlassen und eine Reise in solch Unbekanntes zu wagen. Del antwortete „Einfach nur Armut und das Versprechen, für wenig Geld viel Land kaufen zu können.“ Das mit dem vielen Land leuchtet schon ein aber das auch erst einmal urbar zu machen… Ich stell mir das damalige Leben und die Umwelt wahnsinnig hart vor. Zu gern hätte ich noch den Geschichten seiner Eltern gelauscht.
Nach einem guten Frühstück war es wieder Zeit aufzubrechen. Die Berge mit ihren schneebedeckten Gipfeln waren im Hintergrund gut zu sehen. Über Hope führte mich mein Weg nach Princeton, wo ich heute eingetroffen bin. Meine Füße sind in erstaunlich guter Verfassung. Nicht blasenfrei aber ich hätte es mir schlimmer vorgestellt. Was ich auf jeden Fall merke ist, dass ich nicht mehr so wirklich fit bin und mir Steigungen noch recht zusetzen. Aber in ein paar Wochen sieht das bestimmt schon wieder ganz anders aus.
Zwischen Hope und Princeton liegt nicht viel auf dem Weg und es war ratsam, mich für ein paar Tage mit Proviant zu versorgen. Es war der sechste Tag angebrochen und ich war noch nicht einmal 10 Minuten unterwegs, als plötzlich ein Auto neben mir voll auf die Bremsen ging und die Fahrerin rief, ich solle vorsichtig sein. Hinter der nächsten Kurve sei ein Bär. Sogleich war mein Abwehrspray vorgeholt und da hielt auch schon das nächste Wagen und ich wurde wieder gewarnt. Ich wechselte die Straßenseite und glücklicherweise war da auch noch eine Haltebucht. So konnte ich möglichst großen Abstand halten. Der Bär und ich uns immer im Blick behaltend habe ich auf ihn eingeredet. Er solle doch bitte auf seiner Seite bleiben und ich gehe einfach meinen Weg weiter. Einerseits hatte ich mich sehr gefreut einen Bären zu sehen, andererseits ging mir auch ganz schön die Muffe, war es doch die erste Begegnung dieser Art. Dann hielt noch einmal ein Wagen und eine Frau erklärte mir, dass man einen glücklichen Tag haben werde, wenn man einen Bären sieht. Na dann. Ich lass mich überraschen.
Kurz vor dem Bergpass sah ich Autos halten und wie Leute ausstiegen. Aha, wieder ein Bär also. Das muss ein wirklich guter Tag werden. Was das mit dem Glück anging, so war ich auf dem Pass dann doch recht skeptisch, kam doch ein kleiner Schauer Eisregen auf mich nieder. Überall lag noch Schnee und ich in meinen kurzen Hosen… Aber der Tag war noch nicht vorbei und ich erreichte gegen 15 Uhr Manning Park, ein beliebtes Ausflugsziel für die Menschen aus der Umgebung. Nach dem ganzen Dosenfutter die Tage zuvor war es Zeit für eine gute Mahlzeit. Im Restaurant sprachen mich natürlich die Leute an, da sie mich die Tage entlang des Highways haben gehen sehen und ich erzählte ihnen von meiner Reise. Wieder waren alle sichtlich begeistert. Nach ein paar Minuten kam einer namens Micha zurück und fragte, ob ich schon bestellt habe? Ich antwortete „Ja.“ und so sagte er gleich darauf, dass er dich Rechnung für mich übernehmen werde. WOW… Ich war sichtlich gerührt und hatte feuchte Augen. Solche Gesten sind immer so überwältigend. Die Freude war einfach nur riesig. Das mit dem glücklichen Tag, wenn man einen Bären sieht scheint wohl wahr zu sein. Und da ich zwei Bären gesehen hatte, wurde mir der Tag noch mit einem Regenbogen in den Bäumen und einem schönen Campingplatz vollendet.
Auf dem Campingplatz traf ich auf Agnieszka. Wir waren uns schon den Tag zuvor auf der Straße begegnet. Wir teilten und einen Platz denn es war genug Platz für zwei Zelte. Sie ist mit dem Rad von der West- zur Ostküste unterwegs. Ihr könnt ihr auf www.whelsonabike.com folgen, ebenso auf Instagram WheelsonaBike. Ebenso könnt ihr auch den Vieren Barry und Michelle sowie Pam und Jeff unter n2l_xcanada auf Instagram folgen. Auch diese haben die Abenteuerreise von Küste zu Küste auf sich genommen. Großer Respekt euch allen!!!