ARTE | Mit offenen Karten – 20 Jahre: Deutsch-Französische-Be…Teil 1 & Teil 2
12.06.2015
Der erste Tag war ganz schön heftig. Von Winzerla über das Stadtzentrum bis Bad Köstritz sind es ganze 39km. Das hätte ich mir vielleicht auf zwei Tage aufteilen können. Ich habe einen klitzekleinen Sonnenbrand bekommen und die ersten Blasen prägten auch schon meine Füße. In Bad Klosterlausnitz besuchten mich auch noch zwei alten Studienkollegen und gute Freunde mit Kind. Diesen sind extra aus Erfurt angereist um mich nochmal zu sehen genau wie Marcus und Dietmar. Hab ich mich echt gefreut. Danke an die Truppe, die mich ein Stück stadtauswärts begleitet hat und vielen Dank an meine Cousine Anke und Familie, die mich so herzlich bei sich aufgenommen und verköstigt hat.
Als erstes habe ich heute meinen Wagen ausbalanciert. Jetzt gibt er nur ganz wenig Druck nach vorn und liegt richtig gut. Sogar meine selbst gebaute Stütze kann jetzt ihre Arbeit wunderbar verrichten ohne dass der Wagen wegkippt.
Dann habe ich noch von meiner Oma verabschiedet. Diese Frau hat mich quasi großgezogen und ich verdanke ihr sehr viel. Es war entsprechend emotional, denn sie hat die Sorge, mich nie mehr wiederzusehen. Nicht ganz unberechtigt. Immerhin ist sie schon 86 Jahre alt. 🙁
Drei Gewitter und starker Regen nötigten mich zu Zwangspausen. Einmal musste ich mich unter eine kleine Brücke flüchten. Mein alter Kumpel Steve überraschte mich in Crossen und wir entflohen dem zweiten Gewitter in ein Wirtshaus zur Teezeit. Später in Salsitz überraschte er mich nochmals mit seiner Freundin und hatte mir Brötchen und Bifi-Wurst. TOP! Ansonsten hab ich in meinem Heimatort hier und da mal noch geklingelt und mich von Onkel, Cousine und vielen Freunden bei mir aus der Straße verabschiedet. Manche waren schon ganz schön baff als sie meinen Wagen sahen und ich von meinem Vorhaben erzählte.
Nun sitze ich bei meinem Vater und Ines (Lebensgefährtin) auch der Couch und ruhe meine Füße aus. Das ist bitternötig!!! 😀
Nachdem ich die dritte Nacht noch in Pflichtendorf (Meuselwitz) bei meinen Kollegen Alex und Katja verbringen konnte, musste ich mir für die folgenden zwei Etappen eine Schlafgelegenheit suchen. Tag 4 führte mich nach Runsdorf (Gemeinde Nobitz). Gleich mal in die erste Querstraße abgebogen und geschaut, wo es ein nettes Plätzchen geben könnte traf ich Micha in seiner Tischlerei. „Mein Name ist Rico und ich bin ein Weltenbummler. Hätten Sie ein Stück Rasen für mich auf dem ich mein Zelt aufstellen könnte?“ Kurz verwundert schaute er seinen Gesellen an und wies mir ohne weiteres einen Fleck zu. Ich solle erstmal mein Zelt aufstellen, eine Dusche habe er auch für mich und was Warmes zum Abendessen würde sich finden. Wow! Gleich ein Volltreffer beim ersten Gesuch. Seine Tochter und ihr Freund schauten noch vorbei und wir unterhielten uns gemütlich. Mein Vorhaben sorge bei ihnen für Inspiration und in Ihren Augen sah ich Begeisterung.
Trotz dicker, wunder Füße kam ich auch am 5. Tag gut voran. So nach 100 Metern hatte ich mich immer wieder gut eingelaufen und es schmerzte kaum. Abends erreichte ich Heinrichsort bei Lichtenstein. Ich erntete schon ein paar misstrauische Blicke, als ich durch die Straßen zog. Hier geklingelt, da geklingelt, hier und da am Zaun gefragt. Niemand wollte oder konnte so richtig. Einmal kam es mir auch so richtig dumm-abwertend-gleichgültig-egoistisch rüber. Dafür gibt es wohl kein Wort. Dann traf ich jedoch auf Micha(2), der mich schon auf dem Rückweg von seiner Arbeit auf der Straße gesehen hatte. Ohne Großes Zögern winkte er mich zu seiner Einfahrt rüber. Seine Frau Sibille kam auch gleich um die Ecke. Sie waren sehr von meinem Vorhaben angetan und nahmen mich sehr, sehr herzlich auf. Das renovierte Badezimmer im Keller durfte ich einweihen und habe dabei fast für eine Havarie gesorgt, da der Abfluss der Dusche nicht richtig funzte. Meine Wäsche wurde auch gleich noch in die Waschmaschine gesteckt und der Tisch wurde wie auch am Vortag reichlich gedeckt. Besser konnte ich es wirklich nicht treffen. So ging es dann auch noch auf einen hopfenhaltigen Schlummertrunk aufs Sofa und da die Beiden wieder früh rausmussten, gaben sie mir noch kurzer Hand ihren Haustürschlüssel damit ich mich versorgen konnte. Das ist wirkliches Vertrauen gewesen.
Vielen Dank also an Micha, Micha(2) und seine Frau Sibille!
Samstag geht es weiter. Solange lege ich hier in Schneeberg bei meiner Schwester mal die Füße hoch. Meinem rechten Fuß geht es ganz gut. Da ich am linken aber die großen Blasen hatte und ihn so natürlich auch anders belastet habe, machen die Sehnen und Bänder etwas zu schaffen. Er ist etwas geschwollen aber ich pflege und schone ihn jetzt etwas.
Der Tag war richtig hart. So viel Regen kann einen schon etwas die Tour schwer machen und wenn dann noch steile Anstiege hinzukommen … oh mannnn. Ich war wirklich geschafft. In Erlabrunn angekommen lief ich durch den Ort und hatte nach ein paar Versuchen Glück. Ich stieß auf Arnd, der gerade mit Rasenmähen beschäftigt war. Kurz gefragt – er wollte es erst nicht so richtig glauben – meinte er, dass das Wetter die Nacht so bescheiden werden würde, dass ich doch das Gästezimmer bekommen könnte. Also wieder ein Volltreffer. Er, seine Frau Kathrin, Sohn Kurt sowie Hund Imo haben mich sehr herzlich aufgenommen und wieder verköstigt und ich bin so dankbar.
Vielleicht ist es Zeit, euch in diesen tristen Tagen von Selbstisolation, Quarantäne und Social Distancing die Sonne des Südpazifiks in die Wohnung zu schicken. Ich habe euch eine kleine Playlist der Musik von Te Vaka aus Samoa zusammengestellt. Macht die Augen zu und träumt oder dreht den Sound auf und bewegt die Hüften zu den heißen Rhythmen.
Schön war’s. Die drei Monate in Japan gingen wie immer rasend schnell vorbei. Doch es waren wundervolle drei Monate mit meinen Freunden in Minobusan und dem Fuji quasi vor der Haustür.
So in etwa würden jetzt meine Zeilen lauten. Gestern wäre ich aus Tokio angereist um in Deutschland ein paar Monate zu verbringen und den Schulanfang meines Neffen zu feiern. Aus Japan wurde nichts, Corona sei Dank. Stattdessen erst einmal zwei Wochen Quarantäne in der Heimat Anfang April und dann … ? Die Frage, wie es weitergeht weit offen, machte ich mich noch während der Quarantäne daran einen Job zu finden. Am Höhepunkt der Corona-Krise und nach 5 Jahren Weltenbummelei einen Arbeitsplatz zu finden brauchte schon ein ganzes Stück Optimismus. Aber ich habe es hinbekommen und es ist wohl ein recht krisensicherer Job. Schon seit Ende April, also drei Wochen nach meiner Heimkehr, startete ich bei einem Servicedienstleister im Energiesektor in Gera. Letzte Woche Freitag bestand ich dann auch noch eine hausinterne Qualitätsprüfung, was mich nun wieder weiter nach vorn blicken lässt. Meine Arbeitszeit verbringe ich also im Büro und bin viel am Telefonieren. Den einzigen Nachteil sehe ich daran, dass mein Bauch wieder wächst.
Ob meine Reise jemals wieder einen neuen Anlauf findet? Oft denke ich darüber nach doch zu viele Fragezeichen stehen im Raum. Wer weiß schon, wann die Welt als Ganzes je wieder in ihre Normalen gerät? Wer weiß schon, wo mich mein Weg in der Zwischenzeit hinführt? Dieser abrupte Abbruch … es deprimiert und tut in der Seele weh. Es ist ein wirklich tiefer Fall aber ich wäre nicht ich, würde ich nicht neuen Mutes wieder aufstehen. Da geistern noch viele Ideen in meinem Kopf. Viele Wege gibt es noch zu beschreiten und wer weiß, das vielleicht auch zu zweit.
Es ist nicht das Ende. Ich bin noch mittendrin.
Jetzt ist wohl der richtige Zeitpunkt um es offiziell zu machen. Es geht weiter… JIPPIIIIIIIIII… Kanada und die USA warten auf mich.
Die letzten zwei Jahre stand immer irgendwie die Frage im Raum, ob, wie und wann ich meine Reise um die Welt fortsetzen könne. Diese ganze Corona-Pandemie hat schon viele Fragezeichen hinterlassen. Im Januar wurden meine Gedanken um eine Weiterreise nun wieder konkreter und es gab einiges zu klären.
Da mit Sicherheit alles noch unsicher ist, lag es nahe, meine Reisezeit zu begrenzen. Mit meinem Arbeitgeber war recht schnell ausgelotet, mich für ein paar Monate freistellen zu können. Das war schon einmal ein gutes Zeichen.
Danach hieß es, ein Visum für die USA zu beantragen. Da kam ich nicht drum herum, weil ich mit meinem Aufenthalt im Iran 2016 für das ESTA-Programm (ein vereinfachtes Einreiseformular) ausgeschlossen bin. Es galt unzählige Fragen zu beantworten, was viel Zeit und leicht Nerven kostete. Das alles war schon im Januar und als ich dann meine Visa-Gebühr bezahlt hatte und den Interviewtermin im Berliner US-Konsulat buchen wollte, war der nächstfreie Termin der 14. April. „Ohhh mannn ey! Ein Vierteljahr warten! Das kann doch nicht wahr sein!“ dachte ich mir. Immer hin war noch genug Zeit zum angepeilten Abreisetermin irgendwann im Mai.
Naja, Ende Januar hatte ich dann auch gleich noch Nägel mit Köpfen gemacht und mir den Flug gebucht. Am 10. Mai geht es Richtung Vancouver in Kanada. Von da aus warten dann rund 3300 Kilometer Fußmarsch nach Denver Colorado/USA auf mich, bevor ich Ende September wieder vorerst die Heimreise antreten werde.
Es vermag wieder ein beeindruckender Reiseabschnitt zu werden, denn meine Route führt quer durch die Rocky Mountains, unteranderem an die Quellen des Missouri River und in den Yellowstone Nationalpark. Oh es kribbelt wieder in den Füßen.
Gründonnerstag, 8:30 Uhr in der Früh war dann die Stunde im Berliner US-Konsulat gekommen. Alles Massenabfertigung. Nach einem Sicherheitscheck ging es an Schalter Eins, wo man mir einen Aufkleber auf die Rückseite meines Passes klebte. Am Schalter Zwei nahm man meine Fingerabdrücke und am Schalter Drei kam es zum eigentlichen „Interview“.
„Warum beantragen Sie ein Visum? -> Weil ich 2016 den Iran bereist habe.
Wie lange waren Sie dort? -> ungefähr zwei Monate.
Was war der Grund Ihres Aufenthalts? -> Ich bin gereist. Also Tourismus.
Okay, danke! YOUR VISA IS APPROVED Ihr Visum ist bestätigt. Sie erhalten Ihren Pass in den kommenden zwei Wochen.“
Der ganze Prozess dauerte in Summe nicht einmal fünf Minuten und dafür musste ich die ganze Anfahrt und Übernachtung in Kauf nehmen. Warum einfach, wenn es auch umständlich geht. Aber okay. Aus zwei Wochen wurden zwei Werktage und heute konnte ich meinen Pass schon entgegennehmen.
Die letzten Monate hatte ich nun alles Stück für Stück vorbereitet. Ein neuer Karren wurde angeschafft. Es wurde soweit alles zusammengekauft was nötig ist. Es fehlen nur noch ein paar Kleinigkeiten.
Ich freu mich euch wieder mitnehmen zu können. Es wird sicherlich fantastisch.