Tschüss NYC… Tschüss USA

Da sitze ich nun am Flughafen JFK. Mein Abflug hat Verspätung -> kenne ich irgendwo her.Egal. Gestern hatte ich noch einmal die schwindelerregende Aussicht auf der Aussichtsplatform von The Edge genossen. Hundertster Stock in 345 Metern Höhe. Der Gang auf den Glasboden hatte mich ganz schön Überwindung gekostet aber es geht recht einfach wenn man nach vorn schaut, voranschreitet und dann erst nach unten guckt. Und dann ist da einfach nur dieser Fuuuuuu…ck-Moment. Genau richtig für Menschen wie mich mit Höhenangst.

Und mit diesen Bildern möchte ich mich verabschieden und all jenen danken, die mir die letzten Monate einfach eine gute Zeit beschert haben. DANKE DANKE DANKE. Ihr wart wundervoll.

Etwas angeschlagen

Ich bin immer noch überwältigt von der Größe dieser Stadt. Es ist einfach nur WOW 🤩. Ich hatte mir ein paar Orte herausgesucht die es noch zu erkunden galt aber meine Gesundheit hat einen Doppelschlag erlitten. Erst hatte ich einen richtig fiesen Durchfall. Details erspare ich euch aber für mehrere Stunden durch die Straßen zu schlendern war mir nicht geheuer. Ich sage nur: öffentliche Parktoilette in Chinatown. 🤢

Das ist nun aber vorbei. Dafür kam gleich darauf eine Erkältung. Richtig matt und mit rotziger Nase lag ich gestern einfach nur im Bett. 🤧

Ich habe dennoch ein paar schöne Impressionen für euch.

Central Park

Hier noch ein paar Bilder aus dem Central Park. Irwin war so lieb gewesen und hatte mich zu den beliebtesten Plätzen des Parks geführt. Teiche, Wasserfälle, Sportanlagen oder auch zum Imagine Mosaic. Gleich gegenüber der Straße wurde John Lennon vor seiner Haustür erschossen.

Empire State Building

Es ist schon verrückt, welche Leute man so auf seinem Weg trifft und was am Ende so alles dabei rauskommen kann.

Als ich vor zwei Jahren durch Montana wanderte, da hielt eine Frau mit ihrem Wagen und war neugierig an meiner Person und Reise. Ihr Name ist Fauneil und an jenem Tag lud sie mich zu ihr nach Hause ein. Ich habe noch viele gute Erinnerungen an diesen Tag, an Fauneil und ihren Ehemann Irwin Purcell .<br> Wenige Monate später zogen sie nach New York City und da war dieses Jahr die perfekte Gelegenheit für ein Wiedersehen. Gestern und heute führte mich Irwin mit seinen Kindern durch den Großstadtdschungel. Dazu folgen noch Bilder. <br>Heute jedoch holten wir zusammen Fauneil von der Arbeit ab und machten uns auf zum Büro ihrer Schwester Jessica. Und diese sitzt im 65. Stock des Empire State Buildings. Es gab für mich also eine kleine private Tour und das völlig kostenfrei.

Wie viel Glück kann man haben? Es ist immer wieder schön einen Platz zu sehen, den eben kein gewöhnlicher Tourist zu sehen bekommt, wo man sich nicht drängeln muss und eben eine ganz andere Perspektive erhält. Für solche Momente bin ich immer wieder außerordentlich dankbar.

Die Eingangshalle war sehr imposant. Besonders gut hatte mir die Decke gefallen. Ein echtes Schmuckstück. Dann bekam ich noch meinen Besucherausweis und ab ging es in den Fahrstuhl hoch in den 65. Stock.
Der Blick führte nach Süden gen Downtown und Westen. Absolut perfekt! Dieses Häusermeer ist einfach überwältigend und mit dem Fernglas oder Teleobjektiv kann immer wieder neue Details entdecken oder man schaut so schön auf die Pools auf den Dächern oder in die Schlafzimmer der Reichen.

Irwin, Fauneil, Jessica und liebe Kids. Danke für diese beiden wunderbaren Tage mit euch zusammen. Es war einfach GROßARTIG.

New York City

Müde aber glücklich bin ich am Montagmorgen in New York City angekommen. Die letzte Nacht in Belford, New Jersey verbrachte ich am Strand ganz in der Nähe der Fährablegestelle. Man konnte die Skyline der Stadt aus rund 30 Kilometern Entfernung sehr gut erkennen. Die Vorfreude wuchs im so mehr.

Um 5 Uhr morgens klingelte dann mein Wecker und zum vorerst letzten Mal packte ich mein Zelt. 6:15 Uhr legte die Fähre mit mir und meinem Wagen ab.
Nun kam New York City immer schneller näher und vorbei an der Freiheitsstatue stieg ich im Süden Manhattans ganz in der Nähe des One World Trade Centers ab. Ich ging direkt zum 9/11 Memorial, der Stelle, an welcher die Zwillingstürme Standen. Es war noch recht ruhig auf den Straßen und die ersten Sonnenstrahlen kamen zwischen den umliegenden Gebäuden hervor. Als dann da noch dieser eine Herr seinen Dudelsack erklingen ließ, da wurde es schon emotional, bin ich doch recht nah am Wasser gebaut. Dieser Tag der Anschläge lässt einen nicht unberührt, auch wenn man ihn als 15-jähriger vor dem Fernseher erlebt hat.

Aber die Stadt rief nach mir. Mein Hostel liegt am nordwestlichen Ende des Central Parks und ich hatte Zeit bis zum Check In. Gemütlich ging es durch die Straßen und kleinere Parks. Broadway, 5th Avenue, Empire State Building, Time Square. Gleich mal einen Überblick verschaffen. Und ja… hier ist alles noch einmal 10 Nummern größer. Es ist riesig! Man muss aufpassen, keinen steifen Hals zu bekommen. Hier gibt es einfach viel zum Staunen. Ganz besonders gefällt mir, wie sich die älteren Gebäude mit ihrer Architektur und Fassaden mit den modernen Stahl- und Glastürmen ineinanderfügen.

Zu guter letzt entspannte ich dann noch für ein paar Stunden auf einem kleinen Hügel im Central Park bei strahlenden Sonnenschein. New York City hat mich wohlwollend empfangen.

Noch einmal im Land der Amish

Auf meinem Weg von Washington DC in Richtung New York City habe ich den Ballungsraum um Philadelphia weiträumig umgangen. So kam ich auch noch einmal ins Lancaster County, die Gegend, in der ich vor ein paar Wochen mit Benito vom Bruderhof ein paar Möbel abholte. Da die Amish-Familie sehr offen und kontaktfreudig war, hielt ich es für eine schöne Idee, noch einmal bei ihnen Halt zu machen.

Die älteste Tochter Miriam erkannte mich sofort und wusste auch noch meinen Namen. Die Großeltern kamen aus dem Haus und es brauchte wenig Worte um mein Zelt geschützt von Zaun und Hecke auf deren Grundstück aufstellen zu dürfen.
Natürlich hätte ich vorher auch anrufen können und mir tat es fast schon leid sie so zu überrumpeln aber der Empfang hätte kaum herzlicher sein können.

Ich wurde ins Haus für Dusche und Mittagessen geholt und ja… es sah wie in jedem anderen Haushalt aus. Ich weiß auch nicht, ob ich etwas anderes hätte erwarten sollen. Das einzige was halt fehlte waren Lampen an den Decken und Steckdosen an den Wänden. Dennoch speisen sie einen Akkupack mit Photovoltaik, können damit die Waschmaschine betreiben oder kleinere Akkus für kleine Lichter im Haus laden. Irgendwie umständlich aber zugleich faszinierend wie sie mit moderner Technik umgehen.

Als wir beim Mittagessen zusammen saßen, da hatte ich auch ein paar Freudentränen in den Augen. Mit Vater Alvin und den Kindern tauschten wir uns noch viel über die Unterschiede in den Lebensweisen in der Welt aus. In einem Atlas zeigte ich Ihnen die Stationen auf meiner Reise und ich konnte viel über Ihre Herkunft lernen. Bei einem Lagerfeuer mit S’mores sangen sie dann auch noch zwei traditionelle Lieder. Beim Vergleich zwischen Liederbuchtext und Aussprache erkannte ich, dass der alte Dialekt Richtung Schwäbisch geht, was Sinn macht, da die Wurzeln der Amish im Deutsch-Schweizer Raum liegen.

Auf jeden Fall war ich mega glücklich diesen weiteren Einblick gehabt haben zu dürfen. Aus Respekt habe ich keine weiteren Bilder von der Familie gemacht. Sie sind zwar nicht prinzipiell dagegen, würden aber nie für ein Bild posieren. Dafür habe ich aber Bilder von der Gegend herum gemacht und ich denke diese erfüllen unsere Vorstellung von den Farmen und der Landschaft ganz gut.

Letzte Nacht beherbergten mich Branda und Daryl. Ihr Garten mit all den Blumen und Büschen sah so hübsch und einladend für ein Camp aus, dass ich mich entschloss einfach mal an die Tür zu klopfen. Branda kam schon mit einem Lächeln auf mich zu und als ich ihr meine Reise erklärte, holte sie ihren Ehemann Daryl hinzu und beide erlaubten mir mein Zelt im Garten aufzuschlagen. Später bot mir Daryl an zum Abendessen ins Haus zu kommen, was ich nicht ablehnen konnte.

Einfach ein wundervolles Paar. Ich danke euch.

Nun merkt man auch, dass der Herbst langsam aber sicher Einzug hält. Die Tage werden kürzer, die Nächte kühler. Morgens gibt es dichten Nebel. Die Gänse ziehen in iherer V-Formation gen Süden. Und ich befinde mich so ziemlich auf der Zielgeraden dieser Etappe. Heute ging es über den Delaware River hinüber nach New Jersey und die Atlantikküste ist keine hundert Kilometer mehr entfernt. Über die berühmte Universitätsstadt Princeton geht es nach Belford, Sandy Hook Bay und von dort aus mit der Fähre direkt nach Manhattan, New York City.

Irgendwie ist das auch wieder ein Wechselbad der Gefühle. Einerseits kann ich sagen „Wieder ein Meilenstein“ oder „Geil, NYC!“. Andererseits sind schon wieder über vier Monate rum. Vier wirklich gute Monate in einem Land, welches mir mit seinen Menschen viel Freude bereitet hat. Auf diesen Gedanken komme ich aber noch einmal später zurück. Ich blick erstmal weiter nach vorn.

Positiv denken

Vor zwei Nächten hatte ich meinen Schlafplatz wieder an einer Kirche gefunden. Hinter der Kirche gab es einen Spielplatz umgeben von einem blickdichten Zaun. Das schien mir gut für die Nacht geeignet.
Ich wartete noch etwas mit dem Zeltaufstellen und lag einfach auf meiner Plane. Als ich dann einmal aufstand, sah ich plötzlich ein Auto auf dem Parkplatz und duckte mich gleich wieder weg. Jemand hustete irgendwann unweit von mir und ich blieb mucksmäuschenstill. Später schaute ich mit meinem Telefon wie mit einem Periskope über den Zaun und das Auto war weg. So begann ich mein Zelt aufzustellen und hatte eine ruhige Nacht, bis ich am nächsten Morgen aus meinem Zelt kroch und da wieder ein Auto stand. In gebückter Haltung hatte ich dann alles abgebaut und startete in den Tag.

Am gestrigen Nachmittag fragte ich mich dann, was denn eigentlich mit mir nur los sei? Ich war voll aus dem Konzept. Mir wurde klar, dass das noch die Nachwehen von dem Tag sind, als mich Pastor Dr. Love vom Kirchengrund schmiss. Das klebt immer noch an mir. Und diesmal hätte es ja wieder passieren können.

Normalerweise bin ich es doch, der mit Selbstbewusstsein und einem Lächeln auf die Menschen zugeht, sein Vorhaben erklärt und nach einem kleinen Stück Rasen für die Nacht fragt. Ich bin es doch, der sich von einem Nein nicht erschüttern lässt und einfach zum nächsten Haus geht und weiter fragt. Stattdessen verstecke ich mich wie ein Verbrecher hinter einem Zaun und hoffe unentdeckt zu bleiben. Das kann doch weder der Anspruch an mich noch an meine Reise sein?!

So reflektierend sagte ich mir dann: „Positiv denken!“. Und wahrlich blickte ich wieder nach oben und setzte mir ein freundliches Lächeln auf. Und ich erkannte Autofahrer die mich grüßten, als sie langsam an mir vorbeifuhren und auch ich hob meine Hand wieder und grüßte zurück.

Wenig später war da der eine Typ auf seinem Rasentraktor gegenüber des Straße und ich grüßte ihn aber er sah es nicht. Egal, denn als er hinter seiner Garage wieder vorkam, bot er mir ein Wasser an und wir kamen ist Gespräch. Als ich erzählte, dass ich aus Deutschland komme, fielen gleich etwas gebrochenes Deutsch aus seinem Mund. Sein Name war Berlyn und er hatte immer dieses Lächeln im Gesicht. Er holte mich kurz in sein Haus aber ich wollte nicht lange stören. Er hatte aber eine so tolle Art an sich, dass ich den Gedanken äußerte, bis zum Walmart nach Westminster weiter zu laufen, er mich von dort wieder zu sich nach Hause hole und am Morgen darauf wieder am Walmart absetzte. Das gefiel ihm und so geschah es. Seine Ehefrau Theresa kam dann auch noch und wir hatten einen wirklichschönen gemeinsamen Abend. Besser hätte es nicht passieren können.

Was aber die eigentliche Erkenntnis des Ganzen ist, ist, dass nicht unbedingt andere Leute uns die Seele und das Leben schwer machen. In erster Linie ist es unsere eigene Einstellung, unsere eigene Herangehensweise. Und ich bin mir sicher, dass wir alle mit Freude, Heiterkeit und einem Lächeln unsere Mitmenschen anstecken können.

Danke Berlyn und Theresa

Washington DC

Als ich vor zwei Jahren in Wyoming unterwegs war, traf ich auf drei Herrschaften auf ihrem Roadtrip. Oder sie trafen auf mich? Wie auch immer… Keith, der Mann links im ersten Bild meinte, wenn ich auf dem Weg nach New York City bin, dann könne ich gern bei ihm in Maryland einen Stopp einlegen. Er würde sich freuen, wenn er mir Washington DC zeigen könne.

Dieser Einladung von Keith bin ich gern gefolgt und ich kann sagen, dass ich die Zeit mit ihm, seiner Frau Sue und seiner Familie sehr genieße und wir uns viel zu erzählen haben.

Und wie versprochen war auch etwas Sightseeing angesagt. Der große Magnet ist natürlich The Mall, ein knapp 4 Kilometer langen Streifen mit den wichtigsten Sehenswürdigkeiten und Denkmälern der Stadt. Beginnend im Osten mit dem Lincoln Memorial, dem Washington Monument in der Mitte und dem United States Capitol im Osten. Nicht zu vergessen ist natürlich auch das Weiße Haus. Drum herum sind noch zahlreiche weitere Denkmäler, Regierungsgebäude und auch Museen. Zu viele um sie hier alle aufzählen zu wollen und es ist quasi unmöglich an einem Wochenende alles zu erkunden. Es läd auf jeden Fall zu Flanieren und Verweilen ein und man entdeckt immer wieder etwas neues.

Chesapeake and Ohio Canal

Kurz hinter Harpers Ferry bin ich südwärts auf den C&O Canal Trail abgebogen. Für ein paar Tage weg von der Straße und Lärm ist dies ein wundervoller Rad- und Wanderweg entlang des Potomac Rivers und eben dem C&O Kanal, auf dem Waren zwischen Cumberland und Washington DC ab Anfang des 19. Jahrhunderts transportiert wurden.

Entlang der Route gibt es kostenfreie Campingplätze und hier und da kommt eine Ortschaft um sich zu versorgen. Schön ist es auch, die Tierwelt beobachten zu können.

Und ich habe eine neue Frucht entdeckt – Pawpaw. Die fiehlen an vielen Stellen von den Bäumen und irgendwann hob ich aus Interesse eine auf. Ich dachte erst, dass es eine Art Mango sei, denn der Geruch erinnerte zu stark daran. Aber in diesen Breiten wachsen keine Mangos. Also kurz im Internet recherchiert und ich kam eben auf Pawpaw oder auch Indianerbanane, die nur hier in Nordamerika heimisch sind.
Reif, ist sie in der Konsistenz breiig und hat eben dieses Aroma zwischen Mango und Banane. Super lecker 😋.

Appalachen und Pastoren

Auch über die Appalachen habe ich nun meinen Weg gefunden. Farmington liegt am westlichen Rand des Gebirges und ich muss sagen, dass es die ersten zwei Tag nach meiner Abreise schon in sich hatten. Besonders langes und steiles Gefälle geht auf die Knie und selten hatte ich so sehr meine Oberschenkel gefühlt wie in jenen Tagen.

Zudem war es auch ordentlich frisch. Für die erste Nacht musste ich mir sogar die lange Unterwäsche und Mütze nehmen. Davon kann heute bei Temperaturen von 37°C (99°F) keine Rede sein. Der Schlafsack wird wohl gepackt bleiben.

Natürlich gab es auch wieder interessante Begegnungen mit Menschen. An der Stelle fange ich mit einem Negativbeispiel aus letzter Nacht an. Ich sage ja den Leuten immer, dass 99,99 Prozent der Leute echt klasse sind aber ab und zu trifft man eben auch auf einen Idioten der alles versaut.

Ich hatte mir die Tri State Baptist Church als Lager für die Nacht ausgesucht. Dort angekommen traf ich auf Russell, einem Obdachlosen, der unter dem Vordach schlafen wollte. Russell war voll in Ordnung und wir hatten ein nettes Gespräch. Die Sonne war am Untergehen und ich verschwand hinter eine dichte Baumreihe um dort mein Zelt aufzubauen. Bevor ich aber loslegte, nahm ich 15 USD um sie Russell zu geben. Ich meine, die Leute unterstützen mich immer wieder also kann ich auch denen davon etwas abgeben, die es offensichtlich nötiger haben. Als ich hinter der Baureihe wieder vorkam, stand da auch schon der dunkle Wagen mit zwei Männern und ernsten Gesichtern. Da hatte ich mir aber noch nichts dabei gedacht und bin eben freundlich drauf zugegangen und hab mich vorgestellt. Und dann hieß es, ich könne das Gelände auch gleich verlassen. Die Kirche sei ja schließlich kein Hotel. Ich entgegnete, dass es doch das erste Mal wäre, von einer Kirche abgelehnt zu werden aber der ältere der beiden wurde noch grimmiger. Als ich dann fragte, wer denn der Pastor oder er sei, schwengte sein Blick weg von mir und er erklärte, dass er zur Administration der Kirche gehöre. Ich wollte dann auch nicht anfangen zu streiten, hatte er doch schon sein Telefon bereit, um vermutlich die Polizei zu rufen, falls wir nicht freiwillig gingen. Ich gab Russell noch die 15 Dollar, wünschte ihm alles Gute, holte meinen Wagen vor und lief in die Nacht hinein. Meinem Unmut machte ich gleich in einer Google-Rezension und in einer direkten Email an den Pastor Luft. Mit einem Blick auf die Website der Kirche musste ich dann feststellen, dass uns der Pastor höchst persönlich verjagt hat. Als ich nach dem Pastor fragte, da hatte Dr. Ray Love nicht einmal die Eier mir in die Augen zu schauen und zu sagen, dass er es persönlich ist. Ein wirklich großartiger Mensch. Zumindest hatte er auf meine Email geantwortet. Ganz kurz, dass sie Russell in ein Motel gefahren haben, da er mit seinen Knieproblem nicht weit laufen kann. Ansonsten nur ein weiteres kurzes Bla Bla. Auf meine Kritik ging er nicht ein.

Ich machte mich weiter auf den Weg zur nächsten Kirche und habe mir laut gesagt „Es gibt immer einen Platz.“ Und bis zur Kirche kam ich dann auch nicht, als mir eine Stimme etwas zurief. Da ich es nicht verstanden hatte, lief ich die Einfahrt hinein und eine Frau, Rachel, kam auf mich zu. Sie dachte ich sei ein Bekannter der auch immer mal mit Stirnlampe im Dunkeln die Straße runterläuft und wunderte sich, was er (also ich) hinter sich herziehe. Das Missverständnis war schnell geklärt und ich erklärte ihr meine Situation, dass ich zur nächsten Kirche weiter wolle. Ihr Bruder Joe zeigte aber auf ein kleines Stück Rasen neben dem Haus und das war meine Rettung. Und eine heiße Dusche gab es obendrauf. Ich weiß nicht, wie oft ich mich bedankt habe. Ist das einfach nur Fügung?

Das war jetzt ein negative Beispiel, welches ich so auch nicht allein stehen lassen möchte. Es geht alles besser.

Zum ersten Abend nach meiner Abreise aus Farmington rief ich einfach die hinterlegte Telefonnummer der Kirche an. Der Herr am anderen Ende der Leitung hatte kein Problem damit, dass ich dort campe. Ich solle einfach machen.

Den zweiten Abend bei Cumberland MD schlug ich mein Zelt einfach hinter einer Kirche auf. Der Sheriff hatte kurz mal aus seinem Auto geschaut, aber nichts gesagt und ich hatte eine ruhige Nacht.

Den dritten Abend wurde ich an einem Campingplatz in der Nähe von Springfield VW vermittelt und konnte dort mein Zelt kostenfrei aufschlagen. Perfekt.

Am vierten Tag hielt Benjamin mit seinem Fahrrad neben mir. Mit seinem vielen Tattoos und Look konnte ich mir erst einmal nicht vorstellen, dass er Pfarrer einer methodischen Gemeinde ist. War er aber. Und er war natürlich interessant an meiner Geschichte. Ich sagte ihm, dass ich die Nacht an der Kirche Campamento Monte Sinai verbringen wolle. Der Name hatte nicht umsonst spanischen Charakter. Im Haus nebenan wohnte Juan aus El Salvador, der den Hausmeisterdienst übernimmt. Er schloss mir die Kirche auf und führte mich ins Obergeschoss in dem es ein Badezimmer gab. Hier konnte ich wieder duschen. Und dann kam auch Benjamin mit seinem Banjo und Bier vorbei und so wir saßen bei Juan auf der Veranda mit etwas Bluegrass-Musik und netten Gesprächen. Was für ein toller Abend. Unglaublich wenn man bedenkt, dass wir drei uns Stunden zuvor noch nicht kannten.

Dass der fünfte Abend nicht so funktioniert hatte wie erhofft lag dann wohl an einer kleinen Fehlplanung meinerseits. Nördlich von Winchester liegt The Church of Jesus Christ of letter day saints, also eine Mormonenkirche. Das Satellitenbild war vielversprechend aber zur Kirche gehörte nur der asphaltierte Parkplatz. Das ganze Grün herum war Schulgelände und da kann/darf/sollte ich mein Zelt nicht aufstellen. Ich traf in der Kirche aber auf eine kleine Gruppe Teenager und die waren Feuer und Flamme als ich von meiner Reise erzählte. Und natürlich wollten sie mir helfen einen Schlafplatz zu finden. Erstmal bekam ich aber ein leckeres Stück Bananenbrot und dann telefonierten einige umher um mir eine Schlafgelegenheit zu organisieren. Leider war es vergebens aber ihr Einsatz war großartig. Letztendlich hatte ich ein gemähtes Stück Rasen einer kleinen Böschung runter neben der Straße für völlig zweckerfüllend erklärt und hatte eine gute Nacht.

So… genug geschrieben. Ich bin müde.