Eine gute Zeit in Farmington

Ach wie schnell können zwei Wochen vergehen? Die Bruderhof-Gemeinde hat mir eine wirklich gute Zeit bereitet und dafür bedanke ich mich ganz herzlich.

An den meisten Tagen habe ich in der Gemeinde mit ausgeholfen. Hier ist auch wirklich immer etwas zu tun und jung und alt packen gemeinsam an.

Zum Frühstück und Abendessen wurde ich oft von verschiedenen Familien eingeladen. Mittagessen gibt es unter der Woche gemeinsam im gemeinsamen Speisesaal. Es gab viele wundervolle Geschichten zu hören und es wurde viel über die Motivation, in einer Gemeinschaft zu leben in welcher es kaum persönlichen Besitz gibt, diskutiert. Es ist schon irgendwie inspirierend, mangelt es den Brüdern und Schwestern doch an nichts. Das fängt beim Essen und der Unterkunft an, geht weiter über den Fuhrpark, die medizinische Versorgung mit eigenen Ärzten und hört dann bei der Sauna und dem Badesee auf. Bei Festlichkeiten wird mit Wein und hausgebrautem Bier angestoßen. Die Kinder haben alle Möglichkeit sich zu entfalten und es ist so schön zu sehen, wie viel Zeit sich die Familien füreinander nehmen. Und ich konnte einfach mit eintauchen.

In der Freizeit wurde ich zum Wandern eingeladen, wir saßen an Lagerfeuern mit heißer Schokolade und Marshmallows, waren baden oder im Zoo. Die großen Miezen haben es mir schon angetan. Bei einem 5km-Wettlauf für den guten Zweck in Uniontown, habe ich die Straßen mit abgesperrt und den Verkehr geregelt.

Mein Gastgeber Benito zeigte mir einen Großteil der Gegend. Einmal fuhren wir durch halb Pennsylvania ins tiefste Amish-Land um neue Möbel von einer Schreinerei abzuholen. Mein Bild von technologiefernen Amish wurde dabei komplett auf den Kopf gestellt. In der Werkstatt standen moderne Maschinen und es gab auch moderne Kommunikation. Der Strom für die Werkstatt wird allerdings über eigene Generatoren erzeugt und nur im Wohnhaus selbst bleibt alles traditionell simpel. Die Ehefrau des Besitzers und die Kinder waren sehr weltoffen und gesprächig und haben sich gefreut auch einmal jemanden von einem anderen Kontinent kennenzulernen. Und wenn es den älteren Amish zu mühsam wird die Kutsche zu spannen, dann geht es eben mit dem vierrädrigen Elektroscooter über die Straßen. Das war ein wundervoller Tag.

Für die Gemeinde Spring Valley und New Meadow (gegenüber der Straße) hielt ich noch jeweils einen Diavortrag zu meiner Reise. Einfach nur einen kleinen Einblick in die Weiten und Schönheit der Welt geben war das Motto.

Aber alles findet einmal ein Ende, auch die Zeit hier in Farmington. Morgen geht es wieder die Straßen entlang. Mein nächstes Ziel könnt ihr vielleicht im letzten Foto erahnen. Danke Spring Valley / Bruderhof!

Bruderhof – Kapitel 2

Im Juli 2019, auf meinermm Weg durch das südöstliche Australien, stolperte ich etwas zufällig in die Bruderhof-Gemeinde „Danthonia“. Den Artikel könnt ihr hier lesen.

Damals war mein Aufenthalt allerdings viel zu kurz, hatte ich doch die Gemeinde mit ihrer Lebensweise und Lebensphilosophie sehr schnell ins Herz geschlossen. Ich weiß noch, wie ich beim Abschied Tränen in den Augen hatte.

Es stand für mich persönlich fest, wenn ich dann Nordamerika bereise, eine der Gemeinden besuchen zu wollen und ein bisschen tiefer in das gemeinsame Leben einzutauchen. Und auch Benito, mein Gastgeber in Australien fragte mich immer wieder, wann ich denn endlich nach Pennsylvania komme. Er war nämlich zwischenzeitlich mit seiner Familie in die USA zurückgekehrt.

Und hier bin ich nun. Letzten Donnerstag bin ich bei meiner Ankunft gebührend mit einer Leuchtschrift am Eingang empfangen worden. Und neben Benito und seiner Familie erkannte ich auch noch weitere bekannte Gesichter aus Australien und der Holzland-Gemeinde aus Bad Klosterlausnitz, welche unweit meiner Heimat liegt. Da fühlt man sich gleich etwas vertraut. Mindestens eine Woche, vielleicht sogar zwei, werde ich hier verbringen und etwas Kraft tanken bevor es dann das letzte Stück bis nach New York City geht.

Zu jedem Frühstück bin ich in einem anderen Haushalt eingeladen. Jeder möchte ein wenig mehr über mich, meine Reise und Beweggründe wissen. Alle sind so herzlich freundlich und das zaubert mir ganz oft ein Lächeln ins Gesicht. Ich fühle mich einfach willkommen.

Pennsylvania

Der Wechsel des Fahrbahnbelags markiert wie so oft die offizielle Grenze. Das Willkommensschild kam dann ein paar Meter weiter.

Und ich weiß… ich sehe etwas verwildert aus. 😄

West Virginia

Gestern bin ich auch schon im nächsten US-Bundesstaat angekommen. Bei Gallipolis ging es nun das dritte und letzte Mal über den Ohio River, diesmal nach Henderson in West Virginia. Gern hätte ich wieder ein Bild des Begrüßungsschildes gemacht aber daran war gestern nicht zu denken. Viel zu viel Verkehr auf der vierspurigen Brücke, viel zu schnelle Fahrzeuge, zu viele große Lastkraftwagen und ein viel zu schmaler Seitenstreifen. Mir ging echt die Muffe auf der Brücke. Mit einem Arm wedelte ich noch mit meiner Warnweste, damit ich auch wirklich jeder irgendwie wahrnehmen konnte. Völlig fertig mit den Nerven aber gesund kam ich auf der anderen Uferseite an.

Keine drei Tage habe ich in Ohio verbracht. Daher kann ich nicht viel berichten. Aber ihr könnt euch sicherlich nur das beste vorstellen. Hier und da bekam ich Wasser gereicht oder eine Abkühlung aus dem Wasserschlauch. Vorletzte Nacht verbrachte ich gegenüber des Hauses eines Polizisten. Der hatte den Grill an und brachte mir später einen köstlichen Cheeseburger und einen Beutel voller Snacks vorbei. Da hatte ich mich riesig gefreut.

Heute hatte ich auch eine der seltenen Gelegenheiten, einem anderen Reisenden etwas Gutes zu tun. Kurz vor Feierabend schob da einer sein BMX-Fahrrad auf der anderen Straßenseite die Steigung hinauf. Ich rief und fragte, ob alles in Ordnung sei und er bejahte. Ob er Wasser brauche? Das Angebot nahm er gern an und kam zu mir rüber. Er wollte nach Ohio. Mit dem alten BMX-Rad konnte er kaum große Strecke machen und auch so war er nicht sonderlich gut ausgerüstet und sah – wie auch ich manchmal – etwas verwildert und ausgebrannt aus. Von einer Pizza, die ich mir heute Nachmittag gegönnt hatte, gab ich ihm noch die drei großen übrig gebliebenen Stücke mit. Ich glaube er war sehr glücklich darüber.

New York City ist keine 900 Kilometer mehr entfernt und ich liege gut im Zeitplan. Zu gut sogar. Ich muss mich dazu zwingen einfach mal einen Gang runter zu schalten und etwas langsamer zu machen. Das nächste vorläufige Ziel heißt Farmington in Pennsylvania. Dort werde ich die Bruderhof-Gemeinde besuchen und altbekannte Gesichter aus Australien werden mich wieder willkommenheißen. An diesem Besuch liegt mir sehr viel, habe ihn fest auf meiner Reise eingeplant und um so mehr freue ich mich auf ein Wiedersehen.

Meine Tage in Kentucky

Ja was soll ich schreiben? Der Norden von Kentucky gefällt mir ganz gut. Zum ersten Mal, seitdem ich die Rocky Mountains verlassen habe, sehe ich wieder große Wälder. Das macht schon einen großen Unterschied. Im Schatten der Bäume kann ich endlich meinen Hut abnehmen. Es ist kühler. Die Wälder sorgen auch dafür, dass hier morgens mit einigem Nebel zu rechnen ist.

Anfangs lief ich noch durch ein schönes Tal doch dann schlängelte sich die Straße auf dem Rücken der zahlreichen Hügel entlang. Immer wieder hatte man einen weiten Blick über das Land. Von den endlosen Mais- und Sojafeldern gibt es keine Spur mehr und ich hoffe das bleibt so. Zu meiner Überraschung wird aber Tabak angebaut.

Und die Leute? Freundlich wie immer. Hin und wieder wird mir ein Wasser aus dem Auto gereicht oder ich werde auf die Veranda für eine kurze Pause und Plausch eingeladen. Aber ich stehe auch unter Beobachtung. Es gibt natürlich auch Leute, die ihre Nachbarn oder die Polizei rufen um abzuchecken, dass ich auch ja keine Gefahr bin. Ich verstehe es auch irgendwie, verliert sich doch sonst kein Weltenbummler mit Karren in diese Gegend.

Ich lasse mich weiterhin treiben und suche die Kirchen für die Nächte auf. Auch hier, wenn ich am Abend noch auf Kirchenmitglieder treffe, werde ich mit einem Lächeln begrüßt. Ich sage schon mal: „Danke Kentucky! Schön war’s.“ Morgen geht es wieder über den Ohio River nach Portsmouth, Ohio.

Das Glück kommen lassen

Erst seit den letzten Tagen fühle ich mich angekommen auf meiner Reise. Eine innere Ruhe kehrt ein. Ich weiß nicht so recht wie ich es beschreiben kann. Ein gutes Beispiel ist wohl, dass ich anfangs immer auf die Leute zugegangen bin bei meiner Schlafplatzsuche. Jetzt suche ich mir lieber einen ruhigen Platz und wenn die Leute dann auf mich zukommen, diese also mich finden, dann lass ich es gern geschehen.

Mich anfangs selbst getrieben, lasse ich mich gerade treiben. Und ich fühle mich sehr glücklich, was nicht zuletzt an den Menschen liegt, denen ich eben Tag für Tag begegne.Die Postfrau und der UPS-Fahrer, die mir Wasser und Snacks reichen. Der Typ, der mitten auf der Straße hält, seine Kühlbox aus dem Kofferraum zieht und mir ein Sandwich macht. Menschen, die mir ihre Tür für eine Dusche öffnen oder mir ein Abendessen zu meinen Camp bringen und dafür beten, dass ich meine Reise sicher überstehen werde. Das Glück soll man ja auch nicht suchen, sondern auf sich zukommen lassen. Ich bin bereit.

Morgen ist dann auch schon mein letzter voller Tag in Indiana, bevor es dann am Tag darauf bei Madison über den Ohio River nach Kentucky geht. Gestern bin ich auch schon den ersten Amish begegnet. So richtig bin ich mit ihnen leider nicht ins Gespräch gekommen. Irgendwie wirkten sie schüchtern oder vielleicht konnten sie nicht wirklich etwas mit mir anfangen. Ich weiß nicht. Mit ihren Kutschen brausen sie aber ganz schön die Straßen entlang.

Hurricane Beryl

Nun hat Hurricane Beryl auch mich eingeholt. Heute Morgen konnte ich in den drei Stunden bis Vandalia IL noch ein Zeitfenster nutzen, in dem es meist trocken blieb und habe mich dann in ein Motel einquartiert. Eine gute Entscheidung. Viel Regen fällt vom Himmel und das wird er noch bis spät die Nacht hinein. Bei der Menge die runterkommt ist das wirklich kein Wanderwetter.

Aber das heute ist pillepalle. Ich erinnere mich noch an Australian, bei Bowen, als ich von einem letzten Ausläufer eines Zyklons getroffen wurde und ich kaum noch hundert Meter schauen konnte. So schwer hatte es vom Himmel herab gegossen. Damals gab die Polizei hinter mir, auf einer langen Brücke, mit ihren Einsatzlichtern sogar Eskorte, da sie befürchteten, dass mich die Autofahrer nicht (rechtzeitig) sehen könnten.

Unabhängigkeitstag 2024

Mit dem Überschreiten des Mississippi ging es nun auch weiter in den nächsten Bundesstaat, Illinois. Ich wurde mit perfektem Wanderwetter und Temperaturen von 25°C willkommen geheißen. Nur die Szenerie hat sich kaum verändert. Mais- und Sojafelder überall wo das Auge hinreicht. So schnell wird das wohl kaum ein Ende nehmen.

Heute ist der 4. Juli und in den USA heißt das Unabhängigkeitstag. Ich habe mich dazu an gestrigen Nachmittag in Greenfield auf dem Campingplatz eingefunden und werde drei Nächte ausspannen. Ich fühle mich einfach so verdammt müde.

Ein Feuerwerk wird es wohl nicht geben. Das hatte die Stadt schon am 29. Juni gezündet – warum auch immer? Für heute Abend sind aber wieder Regen und Gewitter angesagt. Da wäre ein Feuerwerk eh fraglich gewesen.

Ich hänge euch jetzt noch ein paar Bilder der letzten Tage vom Mississippi und Illinois an. Bis bald.

Der Mississippi

Es war schön, in den letzten Tagen noch ein paar Male den Missouri River gesehen zu haben. Ich erinnere mich noch gut an den Ort Three Forks in Montana, an dem der Missouri seinen Ursprung hat. Wie ein guter alter Bekannter zog er nun noch einmal an mir vorbei.

Und heute habe ich den nächsten Meilenstein, den nächsten großen Fluss der USA erreicht. Der Mississippi liegt vor mir und morgen geht es dann auch schon in den nächsten Bundesstaat nach Illinois.

Danke Missouri und deinem Menschen für die tolle Gastfreundschaft, die Liebe die ihr mir entgegengebracht habt, für die Lacher aber auch Tränen. Es war wunderbar.