Varanasi

Irgendwie hatte ich diese Stadt völlig anders in Erinnerung. Etwas leiser, schlichter und spiritueller. Das hat sich für mich völlig gedreht. Was mir gleich aufgefallen ist, dass heute, anders als noch vor sieben Jahren, jeder mit seinem Smartphone Selfies schießt und besonders nach Sonnenuntergang fallen die gleißend hellen LED’s auf. Und von allen Seiten wird man angequatscht: „Kauf was bei mir!“. „Fahrradrikschatour… günstig!“, „Haschisch?… Some Naturals?“
Mit Abstand aber ist es bis jetzt die dreckigste Stadt in Indien die ich erlebe und mich wundert es nicht, dass ich gestern den schlimmsten Durchfall auf meiner Tour hatte. Da pissen die Leute an die Wände und der Urin rinnt am Straßenrand entlang. Wenig weiter wird Wäsche gewaschen und daneben steht auch schon der Chai-Händler. Ich habe ja viele Hemmungen und Empfindlichkeiten auf meiner Reise abgelegt aber hier würgt es mich um den Hals. Bähhh!
Nichts desto Trotz bleibt es die heiligste aller Städte in Indien. Die Glocken läuten zum Sonnenaufgang und Hunde bellen. Ungeachtet aller Verschmutzung nehmen die Gläubigen ihr morgendliches Bad im Ganges, tauchen kopfunter, spülen sich den Mund. Dabei kann ein Schluck dieses Wassers tödlich sein.
Die Stadt ist voller Heiliger aber eben noch mehr Scheinheiliger und Scharlatanen, von Bettlern ganz zu schweigen. Man muss ganz genau schauen. Der Heilige verlangt kein Geld, bettelt nicht. Er lebt einzig für das Göttliche. Auf meinem ersten Besuch in der Stadt, da saß ein Mann orange gekleidet an den Ghats und meinte zu mir „Gib mir Rupien! Ich bin heilig.“ Ich antwortete ihm „Du bist nicht heilig. Ich sehe die Gier in deinen Augen.“ Der Scheinheilige eben. Und die Scharlatane? Sie wollen dir die Zukunft voraussagen oder einfach nur ihre Souvenirs zu völlig überhöhten Preisen andrehen. Man muss aufpassen mit wem man sich einlässt.