Auf diese Episode in den USA bin ich mit großen Erwartungen herangegangen. So viel Großartiges hatte ich über den Yellowstone Nationalpark lesen und in Dokumentation sehen können. Und irgendwie stand er immer auf meiner MUSS MAN GESEHEN HABEN! – Liste. So wie ihr gleich lesen könnt, hatte ich auf jeden Fall eine überragende Zeit mit überragenden Menschen und auch Tieren.
Es ist Ende Juli. In West-Yellowstone besorgte ich mir mein Ticket und eine Genehmigung für einen Backcountry-Campingplatz (dazu später mehr erklärt). Hier gab es ein kleinen wenig Ernüchterung als mir die Rangerin sagte, dass die Bisons zu dieser Jahreszeit wohl schon mehr ins Parkinnere gewandert seien und ich wohlmöglich keine mehr auf meiner Route sehen werde. Na ja. Dann halt keine Bisons.
Und auf ging es. Tag 1 in Yellowstone konnte starten. Ich folgte noch dem Madison River zum gleichnamigen Campingplatz. Die meisten Campingplätze hier haben gesonderte Bereiche für Radfahrer und Wanderer. Diese können nicht reserviert werden aber man stellt sicher, dass für uns immer ein Platz vorhanden ist und wir so nicht in logistische Schwierigkeiten kommen. Klar, einem Wanderer kann man nicht abends um 7 Uhr sagen „Sorry, wir sind voll belegt. Probiere es mal 20 Kilometer weiter.“
Tag 2 Stand an. Mein nächstes Wanderziel wäre bei Old Faithful gewesen. Eine Distanz, die mir vor lauter Wandern kaum die Möglichkeit gegeben hätte mir die Naturspektakel in Ruhe anzuschauen. Also verblieb ich einen weiteren Tag auf dem Madison Campingplatz, ging zur Straße und hielt den Daumen raus. Es dauerte nicht lange, bis mich ein alter Koreaner in sein Auto einlud. Er kam aus Texas, sprach kaum ein Wort Englisch, lachte aber dafür sehr viel. Als ich mit ein paar Brocken Japanisch auf ihn einredete, erheiterte ihn das noch mehr. Wir fuhren zu ein paar heißen Quellen als wir uns verabschiedeten.
Ich wollte den Park weiter zu Fuß etwas abseits der Hauptstraße erkunden. Das war die richtige Entscheidung. Für knapp zwei Stunden war ich für mich allein auf den Wiesen und mit den dampfenden Quellen bis ich wieder auf den Hauptpfad und an einen Aussichtspunkt auf die Grand Prismatic Quelle kam. WOW! War für ein Farbenspiel. Dieses intensive Blau, welches in Türkis und einen gelben Streifen über in dieses tiefe Orange-Braun übergeht. Einfach spektakulär! Wieder an der Hauptstraße, sammelte mich ein junges Paar ein und wir schauten uns die Quelle aus der Nähe an.
Und auf dem Weg zurück zum Campingplatz… YAAA Bisons!!! Zwar nicht in großen Herden aber eine hübsche Familie die da immer näher an die Straße kam. Ein wundervoller Anblick. Man, der Bulle war echt riesig. Man sollte denen echt nicht zu nahe kommen oder denken, man könne einfach mal die Kälber streicheln. Dieses Jahr wurden schon drei Menschen attackiert und verletzt, einfach nur aus Dämlichkeit. Ich bin auf jeden Fall überglücklich diese riesigen Tiere einmal mit eigenen Augen gesehen haben zu dürfen.
Auf dem Campingplatz wartete dann noch eine weitere Überraschung. Dieser wird von Freiwilligen, meist Pensionären, geführt und in Schuss gehalten. Das ist wie eine große Familie und da der Park im Winter geschlossen ist und sie sich nicht sehen können, feiern sie Thanksgiving im Juli und Weihnachten im August. Da wurde eine riesige Tafel mit allerlei Köstlichkeiten aufgestellt und die haben uns Radfahrer und Wanderer eingeladen teilzunehmen und uns die Bäuche vollzuschlagen. Und das Essen war sooo gut. Die perfekte Stärkung für den nächsten Tag. Einer erzählte dann, wie verwirrend es für all die anderen Leute auf dem Platz sei, wenn einer im August den ganzen Abend Weihnachtslieder auf seiner Trompete spiele.
Am dritten Tag konnte ich dann alles neben mir liegen lassen, was ich mir den Tag zuvor schon angeschaut hatte. Old Faithful lag vor mir und hier schießen die Geysire in spektakulärer Weise das Wasser in die Höhe, dass die Kinnlade runterklappt. Unglaublich, wie laut die dröhnen können. Hier merkt man erst einmal richtig, dass man einen Supervulkan unterm Hintern hat. Einfach nur WOW!
Der Tag verging schnell und ich musste mein Tagesziel erreichen. Hier gibt es ein riesiges Hotel aber das ist nur für Leute, die es sich leisten können und wollen. Mein Ziel war der Mallard Lake. Dieser gehört zu den zahlreich über den Park verstreuten Backcountry Campingplätzen für die es, wie am Anfang erwähnt, einer Genehmigung bedarf.
Meinen Karren konnte und durfte ich sowieso nicht den schmalen Pfad hinter mir herzerren. So machte ich mein Abendessen bei den Old Faithful, schloss meinen Karren am Parkplatz an einem Baum und nahm nur das allernötigste mit mir mit. Und nun ging es eineinhalb Stunden bergauf. Endspurt für den Tag. Eichhörnchen und ein paar Rehe entdeckte ich entlang des Weges.
Am See angekommen war ich ganz für mich allein und als sich der Wind sich legte, war da diese tiefe Stille und der Blick auf den See und den umliegenden Wald. Nur noch ein paar Vögel zwitscherten. Ansonsten war da nichts. Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war es immer noch diese stille. Die Wasseroberfläche war spiegelglatt. Nur ein dünner, weißer Nebel legte ich darüber. Was für ein friedlicher Ort.