Rocky Mountains National Park

Die letzte große Etappe stand die Tage an und es sollte hoch hinausgehen. Auf dem Weg nach Grand Lake lief ich durch eine imposante Schlucht durch die sich der noch junge Colorado River frisst. Dahinter öffneten sich breite Täler mit den Lake Granby, Shadow Mountain Lake und Grand Lake. Hier oben auf 2500 Metern waren die Temperaturen noch super angenehm. Segelbote die sich gemütlich durch das Wasser schieben oder rasante Motorboote mit Wasserskifahrern waren so Hingucker. Auch ich habe mich für ein kühles Bad am Abend am Stillwater Campingplatz hinreißen lassen.

Dann ging es auch schon in den Rocky Mountain National Park (RMNP). Der sah erst einmal mit seinen vielen toten und verbrannten Bäumen etwas trostlos aus, tobten in 2020 hier große Feuer. Aber dieses Bild änderte sich bald in viel Grün. Die Hinweisschilder und Aushänge am Campingplatz sagten unter anderem, dass man sich nicht wundern solle, wenn beim Abendessen ein Hirsch oder Elch vorbeischaut. Der RMNP ist für seine großen Populationen dieser bekannt. Und so kam es, dass ich schon beim Frühstück am Morgen darauf eine Hirschkuh und ihr Kalb 30 Meter vor der Nase hatte. Ist schon klasse, wenn man sich ein Nutellabrot in den Mund schiebt und diesen Anblick hat. Viel Zeit blieb aber nicht. Ich musste aufbrechen.

Der Weg nach Estes Park wäre für einen Tag ohnehin zu weit gewesen. Dazu kam aber noch der lange Anstieg und im Nationalpark kann ich nicht einfach mal so irgendwo mein Zelt aufschlagen. Also ließ ich mein Zelt sowie alles nötige für die Nacht sowie mein Abendessen und Wasser am Campingplatz zurück. Von einer Ausgangshöhe von 2700 Metern zog ich meinen Karren bergauf. Ziel: 3713 Meter. Ich war gut drauf an diesem Tag und schlich fast schon gemütlich bergauf. Ab 3200 Metern ging dann aber doch die Atemfrequenz merklich nach oben ich brauchte die ein oder andere Pause mehr. An der Medicine Bow Curve war dann große Pause. Ich genoss den Ausblick und kam natürlich mit den Leuten ins Gespräch. Prompt wurden mir Naschereien und Bier angeboten. Was für ein guter Tag.

Ein Problem für den Tag war aber noch offen? Wo kann/darf ich meinen Karren über die Nacht parken? Ich hielt ein Ranger-Auto an und fragte nach einer Lösung und sie sagten mir, dass ich einfach oben im Besucherzentrum bei einem Ranger mein Anliegen vorbringen soll. Das war nicht mehr weit und so fragte ich dort nach. Der junge Ranger musste auch erst einmal seinen Vorgesetzten fragen aber nach 10 Minuten kam er mit dem Daumen nach oben auf mich zu. Ich könne meine Kiste hinter dem Haus anschließen. Er müsse dann nur noch meine Personalien an die Zentrale durchfunken wofür ich meinen Pass überreichte. Und dann war die Sache auch schon gegessen. Zwar wäre ich gern noch etwas weiter gelaufen und hätte den Karren gern irgendwo an der Straße geparkt, denn zum Pass waren es noch rund weitere 100 Höhenmeter und dem Weg nach Estes Park hätte ich damit auch noch gern etwas verkürzt aber es war ein guter Kompromiss.

So hielt ich auf den Weg zurück zum Campingplatz und am nächsten Morgen zurück zum Besucherzentrum den Daumen raus. Nach Estes Park waren es noch 38 Kilometer. Eine Distanz, die ich locker gehe aber nach dem 3713 Meter-Pass ging es halt auf 2300 Meter bergab und das ging mir ordentlich in die Beine. Das war super anstrengend – erst recht, wenn noch mein Wagen mir in die Hüften drückt – und am Ende auch schmerzhaft.

Aber hey!!! Die ganze Szenerie war es wirklich wert. Das Wetter hat einfach nur gepasst. Besonders in den Morgenstunden ist das Spiel von Licht und Schatten in den Bergen einfach nur wundervoll. Der Ausblick… einfach nur genial und in dieser Höhe sprichwörtlich atemberaubend. Und auch hier oberhalb der Baumgrenze sah ich noch allerhand Hirsche, und zum ersten Mal auch Murmeltiere.

In Estes Park angekommen war ich echt fertig. Ich suchte mein Hostel, stand sogar schon davor aber hatte es echt nicht gecheckt. Also ging ich zur Hauptstraße zurück um weiter nach der Adresse zu suchen als Kerl da auf mich zukam. Er, seine Frau Mary sowie Freundin Cheryl und Ehemann hätten mich die Tage ein paar Mal gesehen und so luden sie mich auf ein paar Bier und Abendessen ein. Eine Einladung, dich sehr gern annahm. Das Hostel konnte warten. So müde ich auch war, so war der Abend mit den Vieren ein wundervoller Ausklang des Tages mit vielen Lachern. Danke dafür!

Noch eine lustige Sache: Kurz vor Estes Park an einer Kreuzung hielt ein Wagen und der Fahrer fragte mich, ob ich ihn wiedererkenne. Es ratterte in meinem Kopf. Es war Kyle, der Ranger aus dem Yellowstone Nationalpark, der es mir ermöglichte, auf dem leeren Campingplatz am Lewis Lake zu übernachten (Beitrag „Yellowstone und Grand Teton Nationalpark (2/2)“). Meine Überraschung und Freude war groß, ihn hier noch einmal zu sehen und er war auch ganz baff. Er fuhr ran und wir hatten noch ein paar Minuten geschnackt bevor er weiter musste. Er verbringe ein paar freie Tage in der Gegend. Ja man sieht sich echt immer zweimal im Leben.