Qazvin

Bei Bandar-e-Anzali hieß es nun ins Landesinnere abzubiegen und dem Kaspischen Meer, dem größten See der Welt, den Rücken zu kehren. Also von 28 Metern unter dem Meeresspiegel ging es nun wieder aufwärts.
Die Stadt Rasht war angepeilt. Für diesen Tag sollte ich einen Schlafplatz via CouchSurfing haben. Ich Traf mich mit meinem Gastgeber wie vereinbart und wir schlenderten ein wenig durch die Straßen. Er meinte, ich werde bei seinem Kumpel unterkommen und er warte nur noch auf seinen Rückruf. Na ja, der Rückruf kam aber mit einer Absage. Der Kumpel hing an diesem Abend wohl lieber auf seiner Freundin. Ich war total angefressen, denn Mein Host hatte es nun auch nicht mehr auf die Reihe bekommen mir noch irgendetwas anderes zu organisieren und inzwischen war die Sonne auch schon untergegangen. Den halben Tag, den ich in der Stadt verbracht hatte war wirklich Zeitverschwendung. Ich hatte echt Frust und ließ ihm dies auch spüren. Immerhin hatte ich mich voll auf seine Zusage verlassen und nun stand ich im Dunkeln da. Einfach klasse, wenn man sein Zelt dann abends um 10 Uhr auf irgendeinen kleinen Grünstreifen direkt an der Hauptstraße am Stadtrand aufstellen darf.
Die Welt wäre aber nicht im Gleichgewicht, wenn auf das Tief wieder ein Hoch kommt und manchmal muss man hier was verlieren um an anderer Stelle wieder etwas zu gewinnen. Den kommenden Tag ging es weiter in die sich hinter Rasht erhebenden Berge. Noch immer prägten größtenteils Reisfelder die Landschaft. Ich machte gute Kilometer an diesem Tag und begann schon, mir einen Platz für mein Camp zu suchen. Ein Auto hielt und eine Familie stieg aus. Die Töchter Maryam und Mojde sprachen Englisch und nach etwas Smalltalk lud der Vater mich mit in der Großeltern Haus ein. 43 Kilometer hatte ich schon absolviert und ich war echt müde aber weitere drei Kilometer nach Rostam Abad für eine heiße Dusche und Abendessen konnte ich nicht abschlagen. Einige Leute mehr als erwartet waren zu Gast im Haus, denn es gab einen Anlass. Die kleine Prinzessin von Nichte hatte ihren 10. Geburtstag zu feiern. So gab es neben den Köstlichkeiten des Abendessens auch noch Geburtstagstorte. Und dann noch die Dusche und ein großes Bett für mich allein… Das alles zusammen hätte mir der Abend in Rasht nicht gebracht.

Der Iran ist ja ein sehr gebirgiges Land mit vielen Hochebenen und Becken. Auch Qazvin liegt in solch einem Becken auf rund 1300 Metern Höhe. Auf dem Weg hier hoch hatte es ein Tag besonders in sich. Es war nicht der Anstieg, der es mir schwermachte. Vielmehr war es das warme Wetter und ein wirklich heißer Wind, der das Tal hinunter mir entgegenwehte. Das hatte ich so noch nie erlebt. Mein Hemd war nicht wie üblich durchgeschwitzt. Der heiße Wind trocknete alles sofort und brachte auch mich an den Rand des Vertrocknens. Meine Wasservorräte leerten sich rasch und um auf Nummer sicher zu gehen füllte ich ein paar Flaschen mit dem klaren Wasser eines Baches, der Gott sei Dank das Tal hinunterfloss. Mit großen Kopfschmerzen war dann nach 32 Kilometern Schluss. Das war wohl auch ein kleiner Vorgeschmack auf das, was noch vor mir liegen mag. Wenn ich den Einheimischen erzähle, dass ich bis in den Süden nach Bandar Abbas laufen möchte, bekommen die schon so einen leicht entsetzten Blick und sagen mir, dass das echt heiß wird.
Darum kommen für mich zwei Möglichkeiten in Frage um das auch zu schaffen. Erstens: Ich laufe Nachts. Es ist kühler und ich kann T-Shirt tragen, ohne dass mir die Sonne dabei die haut verbrennt. Zweitens: Wenn Wasser knapp wird, dann kann ich immer noch in die nächste Ortschaft per Anhalter fahren, mich dort mit dem Nötigsten versorgen und dann wieder zurück.

 

 

Hier in Qazvin werde ich nun ein paar Tage verweilen. Habe mit Vahid und seinem Busenkumpel Mohammed einen super CS-Kontakt gefunden. Eine kleine, leerstehende Wohnung habe ich für mich allein. Die Beiden kümmern sich wirklich gut um mich und kutschieren mich viel in der Stadt rum. Heute war dann Sightseeingtour angesagt. Das Grabmal Imamzade Hossein. Es war in zweierlei Hinsicht sehr beeindruckend. Die vielen kleinen Spiegel, die die Wände verzieren schaffen eine blinkend, leuchtende Welt, als würden Millionen Diamanten funkeln. Sehr imposant und faszinierend. Dann noch der darin befindliche Schrein eines der zwölf großen Imame und Nachfahren Mohammeds. Eine Pilgerstädte für viele gläubige Schiiten und diese schluchzen und weinen hier sich echt die Seele raus. Ansonsten viel Architektur mit allerhand Kuppeln und Ornamente die immer wieder begeistern.