In Qazvin beschloss ich Teheran links liegen zu lassen. Zu groß, zu viel Verkehr, zu laut, zu schmutzig. Alles das, was ich nicht gebrauchen kann. So ging es direkt weiter nach Qom, der Stadt mit dem zweit heiligsten Ort aller gläubigen Schiiten – dem Schrein der Fatima. Er zeichnet sich besonders durch seine goldene Kuppel aus. Ähnlich wie in Qazvin ist auch hier der Innenraum mit unzähligen kleinen Spiegeln verziert und die Leute beten und weinen am Schrein. Sogar die Toten werden in einem Sarg nochmal daran vorbeigeführt. Fotografieren ist streng verboten wurde mir gesagt. Na ja, die Iraner selbst sehen das nicht so streng. Ein Selfi mit dem Smartphone als Andenken geknipst, das geht, nicht aber mit einer richtigen Kamera. Den Unterschied verstehe wer will. Ich hab’s mal ganz sein gelassen. Einer der Aufpasser winkte mich mal zu sich. Er wollte wissen wo ich herkomme und was ich so treibe. Smalltalk halt. Irgendwann fragte er mich, ob ich Moslem sei, was ich verneinte. Ich solle ihm ins Büro der Administration folgen und warten. Die Kollegen waren sehr freundlich. Man schenkte mir sogar etwas Süßkram. Dann kam ein Herr, der sich als Führer für einen Rundgang anbot. Das Angebot nahm ich gern an. Er fragte immer wieder, wo meine Schuhe seien und drängte hartnäckig nach draußen. Die Schuhe abgeholt erzählte er mir allerhand zur Anlage und es entwickelte sich eine lebhafte Diskussion über Islam und Architektur. Als ich wieder in die Moschee rein wollte meinte er es gehe nicht. Für Nichtmuslime sei der Zutritt verboten! Ahhhh… Daher sein energisches Drängen das Gebäude zu verlassen. Aus muslimischer Sicht gebe es keinen Grund die Moschee nicht betreten zu dürfen aber der Träger der Anlage sei eine Privatgesellschaft und die verbiete es eben. Gut, dass ich nicht schon am Eingang nach meiner Religion gefragt worden bin – Meinem Bart wohl sei Dank.
Die Tage auf der Straße waren ganz okay, mal abgesehen von dem Vollpfosten, der meinen Karren fast komplett geschrottet hatte. Die Polizei war gut drauf und die hatten sogar einen Pick-Up besorgt, der meine Kiste die 20 Kilometer bis nach Saveh vor den nächsten Radladen brachte. Ein paar Leute aus der Straße hatten mit angepackt die Kiste wieder flottzumachen. Da musste einiges gerade gebogen werden. 20 Euro für eine neue Felge und das war’s.
Es gab nochmal einen Tag, an dem mir ein heißer Wind ums Gesicht flog. Das ist echt die Hölle. Besonders meinen Lippen tut das nicht gut. Da trocknet alles aus, wird rissig und platzt auf. Da kann man so viel Creme draufhauen wie man will. Ich werde mir noch ein Tuch besorgen müssen, welches ich mir dann über Mund und Nase binde. Generell ist Hut und lange Kleidung Pflicht! Die Sonne brennt erbarmungslos. Ich komme aber gut zurecht. Nach Qom und Delijan ging es allmählich auf über 2000 Höhenmeter. Da war der Wind schon frischer und machte es mir leichter. Dennoch, die Sonne ist heftig.
Vor ein paar Tagen traf ich auf einen deutschen Motorradfahrer, der im Süden des Landes unterwegs war. Er meinte, er sei unter seinem Helm fast gestorben. Der Fahrtwind sei alles andere als kühlend. 45°C oder gar mehr und der Boden glüht. Ich soll mich auf was gefasst machen. Oh man, das hört sich nicht gut an. Ist vielleicht gerade ein schlechtes Timing für eine Irandurchquerung. Ich werde sehen wie es läuft. Wichtig ist, dass ich die weitere Route sorgfältig plane, dass regelmäßig Ortschaften kommen, an denen ich mich verpflegen kann, keine großen Steigungen zu bewältigen sind usw. Und die Option, in der Nacht zu laufen steht ja auch noch.
Am 16. Juni bin ich nun in Isfahan angekommen. Hier muss ich erst einmal mein Visum verlängern. Fast einen Monat streife ich nun schon durch den Iran und ich gehe davon aus, noch weitere sechs Wochen hier verbringen zu werden/müssen/können.Irgendwie ist es ganz anders als ich es mir vorgestellt habe. Es liegt vielleicht auch an der wild-romantischen Vorstellung eines alten Persiens, die einfach nicht erfüllt wird. Es fehlt mir ein gewisses Flair. Na vielleicht entdecke ich es ja noch.
Vielleicht noch was zum Thema Ramadan. Also ich merke es nicht auf meiner Reise. Ich sehe junge wie alte Leute am Tag trinken und essen, es wird Picknick gemacht und auch ich esse und trinke in der Öffentlichkeit. Keine Sau stört sich daran. Gut, ich stelle mich jetzt nicht direkt vor die Moschee und schlürfe da meine kalte Kola. Die meisten Restaurants sind tagsüber geschlossen aber die Geschäfte bleiben geöffnet. In den Städten fällt auf, dass nach Sonnenuntergang für eine gute halbe Stunde das öffentliche Leben fast vollständig erlischt. Jeder nimmt sich dann die Zeit zum Fastenbrechen und danach geht der Trubel weiter.